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Bull-etin Zug

Der EV Zug kassiert zum ersten Mal seit 2016 einen Sweep und scheitert in nur vier Spielen an den ZSC Lions. So deutlich unterlegen waren die Zuger unter der Regie von Headcoach Dan Tangnes noch nie. Was übrig bleibt, sind Enttäuschung und Frust. Und die legitime Frage: Was nun?

PostFinance/KEYSTONE/Philipp Schmidli

Es war schon vor Beginn der Serie am Ostermontag klar, dass die ZSC Lions klarer Favorit sind. Dass die Zuger aber so deutlich unter die Räder kommen, war nicht unbedingt zu erwarten. Die Zürcher hatten die Zuger stets unter Kontrolle und waren selten in Gefahr. Es ist auch nicht unbedingt das Ausscheiden an sich, sondern die Art und Weise, die allen voran Fans ratlos zurücklässt. Der Mannschaft gelang es nicht, Zugriff zum Spiel zu bekommen oder nahm sich phasenweise durch Strafen auch selbst den Wind aus den Segeln.

Spiel 1: Hansson-Restausschluss als Knackpunkt

Das erste Spiel in dieser Serie bot bereits viel Diskussionsstoff. Die Zuger agierten defensiv fokussiert und konnten immer wieder Nadelstiche setzen, während auf der anderen Seite die Zürcher mehrfach entweder am Metall oder an Leonardo Genoni scheiterten. Die Zuger gingen in der 15. Minute durch Niklas Hansson in Führung, den Zürchern gelang kurz nach Spielhälfte durch Rudolfs Balcers der Ausgleich. Dann die verhängnisvolle 33. Minute: Niklas Hansson wollte bei einem Zweikampf vor dem Tor den Stock von Gegenspieler Sven Andrighetto anheben. Statt den Stock traf er den Unterleib seines Gegners und wurde unter die Dusche geschickt. Daraufhin folgte in fünfminütiger Unterzahl ein fast bilderbuchmässiger Zusammenbruch, an dessen Ende nicht weniger als drei ZSC-Tore und die erstmalige Auswechslung von Leonardo Genoni in einem Playoff-Spiel des EVZ stand. Am Ende gewann der ZSC, der ohne Pfosten- und Lattenschüsse auch noch mehr Tore hätte erzielen können, mit 5:2.

Spiel 2: Der Genickbruch für den EVZ

Das zweite Spiel war ohne Frage das beste Spiel dieser Serie. Die Zuschauer bekamen hochstehendes Eishockey geboten, es fehlten einzig Tore. Auch in Spiel 2 waren es wieder die Zuger, die sich selber schlugen. Nach einer umstrittenen Videoanalyse erhielt Andreas Eder vier Strafminuten wegen hohen Stocks aufgebrummt. Die Strafe war deshalb umstritten, weil zwischen der Aktion von Eder und dem Unterbruch 38 Sekunden vergingen – und die Schiris für die Videokonsultation extra das Spiel unterbrachen. Kaum war Eder zurück, traf Andrighetto. Weil Michaelis in der Schlussphase eine hundertprozentige Chance vergab, gewannen die Zürcher mit 0:1. Es sollte der Knackpunkt in der Serie werden.

Spiel 3: Abgeklärte Zürcher lassen dem EVZ keine Chance

In Spiel 3 war der ZSC erstmals über das ganze Spiel hinweg die bessere Mannschaft. Aus Zuger Sicht bekam das Spiel durch das überraschende Comeback von Brian O’Neill eine emotionale Komponente, doch diese hatte keinen positiven Einfluss. Tatsächlich wurde O’Neill zum tragischen Helden, weil er nach 12 Sekunden bereits eine Strafe fasste und der ZSC das Powerplay in den Führungstreffer ummünzen konnte. In der 22. Minute fasste er erneut eine Strafe, dieses Mal traf der ZSC kurz nach Ablauf der Strafe. Nach dem etwas glücklichen Anschlusstreffer durch Niklas Hansson erhöhten die Zürcher noch vor der zweiten Drittelspause auf 3:1. Dank des Treffers von Fabrice Herzog wurde es kurz vor Schluss nochmals spannend, am Ende gewannen die Zürcher verdient mit 5:2.

2023 24 Halbfinal

ZSC-Stürmer Sven Andrighetto - hier im Zweikampf mit EVZ-Topskorer Andreas Wingerli - stellte die Zuger immer wieder vor Probleme.
PostFinance/KEYSTONE/Ennio Leanza

Spiel 4: Wieder kein Treffer

Das Spiel ist schnell erzählt. Die Zuger fanden erneut nicht ins Spiel und liessen vieles vermissen. Es erinnerte nicht unbedingt an Playoff-Eishockey, was die Zuger ihren Fans im letzten Spiel der Saison boten. Den Zugern fehlte dazu auch noch das Matchglück, sie trafen bei ihren wenigen Chancen drei Mal das Aluminium. So endete am 8. April nicht nur die Saison 2023/24 für den EV Zug, sondern auch die Karriere von Reto Suri. Der Publikumsliebling verabschiedete sich unter Tränen von den Fans. Wobei Verabschiedung das richtige Wort ist. Die Mannschaft verabschiedete sich nach der üblichen Runde vor der Kurve verdächtig schnell in der Kabine, ohne sich bei den Fans für die Unterstützung zu bedanken. Womit man den Fans auch die Chance nahm jene Spieler zu verabschieden, welche den Verein verlassen. Eine Aktion, die teilweise für Verärgerung sorgte.

Was nun?

Sportchef Reto Kläy hat bereits eingeräumt, dass bei der Kaderzusammensetzung Fehler gemacht wurden. Sicher ist, dass die Saison von Vereinsseite her gründlich analysiert werden wird. Es bleibt abzuwarten, ob die enttäuschende Saison personelle Konsequenzen haben wird. Der Handlungsspielraum ist begrenzt, im Coaching Staff läuft nur der Vertrag des erst im Januar verpflichteten Assistenztrainers Todd Woodcroft aus. Im Kader gibt es ebenfalls kaum noch offene Fragen, da eigentlich nur noch die Position des sechsten Imports zu klären ist sowie ob und welche Spieler aus der U20 nachgezogen werden.

Dass dies kein Hindernis sein muss, hat Kläy bereits nach dem letzten Sweep 2016 bewiesen. Nach dem fast schon blamablen 0:4-Ausscheiden im Playoff-Viertelfinal – dem zweiten verlorenen Viertelfinal in Folge – trennte sich der EV Zug im Frühjahr 2016 trotz weiterlaufenden Verträgen vom schwedischen Verteidiger Daniel Sondell und von Stürmer Dario Bürgler. Ob nun ähnliche Schlüsse gezogen werden, bleibt abzuwarten. Was dagegen spricht, sind die Optionen auf dem Transfermarkt. Denkbar wäre dies daher eher bei den Imports. Dort konnte über die gesamte Saison gesehen nur Abwehrchef Lukas Bengtsson die Erwartungen erfüllen. Andreas Wingerli war in den Playoffs gegen Bern stark, gegen den ZSC tauchte er genauso wie Marc Michaelis ab. Niklas Hansson schoss zwar in den Playoffs plötzlich wieder Tore, doch der Schwede konnte zu keinem Zeitpunkt an seine starke Zuger Debütsaison anknüpfen. Brian O’Neill war bis zu seiner Verletzung stark, in den letzten beiden Halbfinalspielen einer der Aktivsten. Bleibt Captain Jan Kovar, der in ein zuvor fast undenkbares Formtief gefallen ist. Er kämpft und ackert, aber ihm gelingt wenig. Seit Wochen kursieren in Fankreisen und Fanforen diverse Gerüchte, weshalb der Leitwolf nicht mehr an seine Bestform anknüpfen kann. Auch Gerüchte um eine vorzeitige Trennung werden immer lauter. Es wäre schade, wenn die erfolgsgeprägte Zeit so enden würde. Eine Trennung von Headcoach Dan Tangnes erscheint undenkbar, zumal Kläy bereits den Wunsch geäussert hat, mit ihm weitermachen zu wollen. Ob es anderweitige Konsequenzen geben wird? Die nächsten Wochen werden dies zeigen. Auf jeden Fall wartet ein unangenehmer Sommer auf den Verein.

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