Die Statistiken stammen von NL Ice Data und dem SIHF Gamecenter.
Der EV Zug hat sich in sieben Spielen gegen den Tabellennachbarn SC Bern mit 4:3-Siegen durchgesetzt. Ein 3:0-Triumph in der Belle sicherte am vergangenen Samstag die Halbfinal-Qualifikation. Dabei zeigte das Team allerdings zwei Gesichter: jenes eines Titelaspiranten und jenes eines verunsicherten, fast schon wehrlosen Unterdogs.
Denkbar schlechter Start und Schlüsselerfolg in Spiel 2
Dabei hätten die Playoffs kaum schlechter beginnen können. Die Zuger verspielten im letzten Drittel von Spiel 1 eine 3:1-Führung und gingen schlussendlich als Verlierer vom Eis. Dies, obwohl man zuvor während zwei Dritteln ansprechendes Eishockey gezeigt hatte.
In Spiel 2 zeigte die Mannschaft ein erstes Mal, dass sie auf Rückschläge reagieren kann. Mit einem verdienten 1:4-Erfolg holte man sich den Heimvorteil zurück. Es folgte eine Achterbahnfahrt der Emotionen, weil auf die beiden Kantersiege (6:1 in Spiel 3 und 6:2 in Spiel 5) jeweils verdiente Niederlagen in Bern folgten. Ohnehin gab nach Spiel 2 nur noch Heimsiege, was dann auch dafür sorgte, dass die Serie über die maximale Distanz ging. Rückblickend war der Erfolg in Spiel 2 ein Schlüsselfaktor in dieser Serie, weil er der Mannschaft Auftrieb verlieh und dem SCB den Schwung aus den Segeln nahm.
Genoni, Powerplay, Schweizer Power – diese Faktoren machten den Unterschied
Es bedarf keiner langen Suche nach Ursachen, warum der EV Zug schlussendlich die Oberhand behielt. Insgesamt waren es fünf Faktoren, welche für einen Unterschied zugunsten der Zuger sorgten:
Torhüter: Dieses Duell ging diskussionslos an den EVZ. Leonardo Genoni spielte eine unglückliche erste Partie, danach wurde er zum gewohnt starken Rückhalt. Am Ende betrug seine Fangquote nach sieben Spielen und einem Shutout 94.2%. Beim SCB feierte Philip Wüthrich zwar in Spiel 6 einen Shutout, seine Fangquote war nach vier Einsätzen mit 89.6% dennoch ungenügend. Noch schwächer fiel die Fangquote beim Schweden Adam Reideborn (5 Spiele, 85.6%) aus. SCB-Headcoach Jussi Tapola rotierte auf der Torhüterposition fleissig und fand keine optimale Lösung.
Powerplay: In der Qualifikation ein Sorgenkind, in den Playoffs plötzlich eine Geheimwaffe! Nicht weniger als 40% aller Powerplay-Möglichkeiten konnten in ein Tor umgemünzt werden. Damit hatten die Zuger von allen Playoff-Teilnehmern das mit grossem Abstand effizienteste Powerplay. Der HC Davos erzielte zwar sieben PP-Tore, war insgesamt aber deutlich ineffizienter (25%) als die Zuger. Die Berner ihrerseits wiesen eine Effizienz von 16.67% und drei PP-Treffern auf. Von den acht Playoff-Teams hatte nur der EHC Biel (inkl. Play-Ins) eine schwächere Quote.
Chancenverwertung: Das Schussverhältnis sprach in fünf von sieben Spielen zugunsten des SC Bern. Selbst im entscheidenden Spiel 7 hatte der SCB deutlich mehr Schüsse aufs Tor als die Zuger. Die Anzahl erzielter Tore spricht eine andere Sprache: 24:14 zugunsten des EVZ. Natürlich halfen da die beiden Kantersiege auf heimischem Eis, aber das Thema Effizienz war in dieser Serie allgegenwärtig. Schlussendlich erzielte der EVZ mit 179 Schüssen 24 Treffer (Effizienz bei 13.41%) und der SC Bern mit 224 Schüssen 14 Treffer (Effizienz bei 6.25%).
Schweizer Power: Beim EV Zug balgten sich im Laufe der Serie mit Dario Simion (7 Skorerpunkte), Lino Martschini (8 Skorerpunkte) und Fabrice Herzog (8 Skorerpunkte) drei Nationalstürmer um den gelben Topskorer-Helm. Beim SCB trug zwar mit Thierry Bader (5 Skorerpunkte) ebenfalls ein Schweizer Stürmer den gelben Helm, jedoch ist es sinnbildlich, dass Bader selbst kein einziges Tor erzielte. Marco Lehmann und Tristan Scherwey (je 3 Skorerpunkte) waren nur teilweise ein Faktor, während etwa Benjamin Baumgartner (1 Assist) und Simon Moser (1 Tor) auf Tauchstation gingen. Auch die beiden offensivstarken Verteidiger Romain Loeffel (1 Tor) und Ramon Untersander (2 Assists) waren kaum ein Faktor.
Imports: Auch hier diskussionslos ein Vorteil zugunsten der Zuger. Andreas Wingerli (7 Skorerpunkte), Abwehrchef Lukas Bengtsson (6 Skorerpunkte) und Marc Michaelis (5 Skorerpunkte) waren wichtige Säulen im Zuger Offensivspiel. Anderes Bild beim SC Bern, wo Colton Sceviour mit vier Skorerpunkten produktivster Import war. Damit verbuchte er in sieben Playoff-Spiele gleich viele Skorerpunkte wie in 20 Qualifikationsspielen. Abwehrchef Patrik Nemeth, eigentlich für defensive Aufräumarbeiten zuständig, war mit drei Skorerpunkten bereits zweitbester Import beim SCB. Der überragende Quali-Topskorer Dominik Kahun (1 Assist) fiel jedoch kaum auf.
Nun wartet die schwierige Aufgabe mit den ZSC Lions
Nun ist der Playoff-Viertelfinal Geschichte, heute beginnt der Playoff-Halbfinal. Auf den EV Zug warten die fast schon übermächtig erscheinenden ZSC Lions. Der Qualifikationssieger gewann sein Viertelfinal-Duell gegen den EHC Biel diskussionslos mit 4:0-Siegen. Obwohl drei von vier Spielen mit einem engen Resultat endeten, hatte man nie den Eindruck, dass der ZSC in Gefahr war.
Gefühlsmässig spielte der EV Zug schon lange keine Playoff-Serie mehr, in jener der Gegner so deutlich zu favorisieren war. Die Zürcher sind mit ihrem hochdotierten Kader der klare Titelfavorit – was allerdings eine entsprechend grosse Fallhöhe mit sich bringt. Wenn die Zuger so performen wie in den Heimspielen und ihre unerklärlich schwachen Auswärtsauftritte beiseitelegen, können sie den Löwen ärgern. Ausserdem haben die Zuger in der Qualifikation gezeigt, dass sie gegen den ZSC bestehen können. Beide Teams konnten je zwei Direktduelle gewinnen und jedes Mal gewann das Auswärtsteam – was natürlich in Anbetracht des Zürcher Heimvorteils in dieser Serie spannend ist. Gelingt es dem Team, gegenüber dem Viertelfinal noch eine Schippe draufzulegen, so hat es auch gegen die Zürcher eine Chance. Vielleicht ist es der Gedanke an die letzte Playoff-Affiche zwischen den beiden Teams, welche zusätzliche Kräfte freisetzt. Wie diese geendet hat, muss man keinem EVZ-Fan erklären…
Und noch viel stärker als im Viertelfinal gilt, dass der Druck beim Gegner liegt. Der EVZ hat in diesem Duell wahrlich kaum etwas zu verlieren. Der ZSC hingegen steht mit seinem teuren Kader unter grossem Druck, endlich den Meistertitel wieder nach Zürich zu holen.