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Gazzetta Dell'Ambrì

Die Schweiz hat eine grosse Tradition von sehr starken Goalies. Mitverantwortlich: Daniel Hüni. Der Goalietrainer der GDT Bellinzona erzählt im Gespräch über seine Verdienste, Erlebnisse und wie die Verbindung zu Ambrì aussieht. 

Erst vor einem Jahr ist er Goalietrainer bei den GDT Bellinzona Snakes, wie das Team seit einigen Wochen heisst, geworden. Mit Trainieren von Torhütern hat er aber begonnen, als er selber noch aktiv war. Auf der Lenzerheide hat Hüni als Spieler der ersten Mannschaft parallel dazu mitgeholfen, Goalies zu trainieren. In seiner Trainerkarriere hat er im Staff des Frauen-Nationalteams an zwei Olympischen Spielen teilgenommen, war in der DEL engagiert und hat bei mehreren Teams der National League gecoacht. Nun ist er bei Bellinzona gelandet. „Die Familie meiner Mutter kommt aus Giubiasco und wir hatten immer ein Haus im Tessin, das nach dem Tod meiner Eltern an mich übergangen ist“, beginnt Hüni seine Erklärung, wie er zu Bellinzona gekommen ist. Dann habe er ein Angebot von Ochsner Hockey bekommen, um in Arbedo im Pro Shop zu arbeiten, um den Goalies im Tessin mehr Aufmerksamkeit zu geben. „Als wir begonnen haben mit dem Club und Nicola Pini zu reden, kamen wir auf das Thema des Goalietrainers, weil sie mich irgendwie gekannt haben und wussten, dass ich schon fast 30 Jahre in diesem Bereich arbeite.“ Zuerst habe er eigentlich kein Engagement eingehen wollen, um ruhig im Tessin anzukommen und italienisch zu lernen. „Schnell habe ich aber gesehen, dass wir mit Fadani und Messerli, den ich von früher kenne, sehr gute Goalies haben, die arbeiten wollen. Das hat mich interessiert und habe dann auch zugesagt. Ich freue mich riesig auf die kommende Zeit.“ 

Die Philosophie von Bellinzona 

Das Team aus der Swiss League hat in keinster Weise den Anspruch, eine Konkurrenz für Ambrì und Lugano zu sein. „Junge Spieler sollen zum Spielen kommen. Die Leute im Tessin sollen spüren, dass wir auch Verantwortung übernehmen, damit sich die jungen Spieler entwickeln können. Unsere Aufgabe ist eigentlich ausschliesslich mit ihnen zu arbeiten“, das antwortet Hüni auf die Frage nach der Ausrichtung der GDT und fügt an: „Es gibt Low-Budget- und No-Budget-Teams. Bellinzona ist das zweite davon.“ Als Folge bieten sie Spielern mit Potenzial eine Plattform zu spielen, sich zu entwickeln und Verantwortung zu übernehmen. Sie sollen sich dieser Chance, auch von der National League gesehen zu werden, bewusst sein. 

Gegenwehr zum Thema Farmteam

Ursprünglich war es die Idee, dass Bellinzona das Farmteam von Ambrì ist. Warum er Bellinzona nicht als Farmteam des HCAP bezeichnet haben will, rührt daher, dass auch sie 20 Spieler mit genügend Substanz brauchen und auf die Zusammenarbeit mit anderen Teams angewiesen sind. Die Spieler haben nicht alle einen Vertrag bei den Biancoblù. Dennoch hebt er Ambrì speziell hervor: „Die Zusammenarbeit mit Ambrì ist sehr positiv und eng.“

 

„Wenn Ambrì ruft, haben sie ihn am Nachmittag.“
Daniel Hüni, Goalietrainer GDT Bellinzona

 

Auf eine etwas kätzerische Frage, mit dem Beispiel Fadani, ob Ambrì befiehlt oder es zu Diskussionen kommt, wird Hüni deutlich: „Wenn Ambrì Fadani braucht, haben sie ihn am Nachmittag. Das ist für uns kein Thema. Darum ist Ambrì auch interessiert, dass er bei uns spielt.“ Es gäbe keine Diskussionen. „Uns ist daran gelegen, dass die Spieler auch gehen, wenn sie es können.“ Da spielt auch die Tabellenregion keine Rolle, weshalb Bellinzona weniger auf einzelne Spieler angewiesen ist. „Unsere Trainer sind täglich mit Ambrì in Kontakt. Sie haben jederzeit die Übersicht, wie sie sich entwickeln, in der Mannschaft verhalten, wie ihre Arbeitseinstellung ist, und so weiter. Das ist nötig, dass sie sehen, dass die Spieler auch weiter entwickeln und nicht Pause machen“, gibt Hüni Einblicke.

Die Erleuchtung kommt in Kanada

1998 hat er seine Goalieschule für junge Talente gegründet. Was klein angefangen hat, ist heute ein integraler Bestandteil, dass die Schweiz starke Torhüter am Laufmeter herausbringt. Es war früh klar, dass die Ambition darin liegt, für die Jungen zu schauen, damit sie ihren Sprung schaffen“, so Hüni. „Ich merkte, dass ich als Trainer mehr Potenzial habe als als Goalie.“ Ausschlaggebend für die Gründung der Schule war sein kanadischer Mitspieler Fred Voser. Hüni war bei der Hochzeit des Mannes aus Calgary Trauzeuge. „Dadurch war ich längere Zeit in Kanada und suchte einen Ort, um zu trainieren. Dabei bin ich auf eine Schule für Goalies gestossen. Sie haben ganz einfach in einem Lagerhaus eine Eisbahn gemacht. Darauf habe ich trainiert“, sagt Hüni und hatte anschliessend eine seiner besten Saisons. „Wenn mir das hilft, bringt das sicher auch anderen was.“ 

Dadurch inspiriert, hat er versucht in Dättwil eine Eisbahn zu machen. „Die Kühlmaschine habe ich von einer Metzgerei bekommen. So hat es angefangen“, geht Hüni fast 27 Jahre zurück. „Früher war die PGS [Professional Goal School] in Kloten in einem Kohlekeller, wo sie vor uns Kohle gelagert haben. Das Eis lief im Sommer fast davon und wir mussten das Wasser absaugen, damit der nächste Goalie trainieren konnte“, erklärt er die Abenteuer. Auf Empfehlung vom früheren Goalie Reto Pavoni ist die Schule, wie angesprochen, nach Kloten in die Kohle-Katakomben gezügelt. Da waren sie 15 Jahre stationiert. 

Grosse Namen gehen durch die Goalieschule 

Neu ist die PGS seit sieben Jahren oberhalb des Bahnhofs in Kloten mit einem grossen, integrierten Shop beheimatet. „Wir haben drei Goalietrainer fix angestellt, die auch im Verkauf helfen. Neben dem Training auf dem Eis bieten wir Trainings Off-Ice, Neurotraining für Aktivierung des Hirns und haben ein Buch für die Karriereplanung entwickelt, um mit dem Goalie darüber zu reden, auf was er achten muss, damit er Erfolg haben kann“, legt Hüni das Spektrum ihres Angebots dar. Nach der Gründung durch Hüni war auch Pavoni kurzzeitig ein Teil der PGS. Anfangs war es kein Projekt, mit dem man Geld verdienen konnte. Um die Kosten in Grenzen zu halten, habe ich anfangs in der Schule gewohnt, musste aber daneben noch arbeiten. Irgendwann bekam ich die Offerte bekommen, die Schule in Ochsner Hockey zu integrieren. Ich war fast ein bisschen froh, weil es eine Belastung wurde immer schauen zu müssen, ob das Geld reicht. Daher habe ich die Leitung abgegeben und bin nun nur noch in einer leitenden Funktion“, schildert er seine Lage rund um die Schule. Weitere zehn Jahre habe ich als Leiter gearbeitet. Nach meinem Wegzug ins Tessin habe ich die Leitung an Lukas Meili abgegeben. Die momentanen Haupttrainer sind die früheren Goalies Lukas Meili und Ciril Seifert. 

Auf die Frage, ob dann auch schon bekannte Namen durch die Schule gegangen seien, schmunzelt Hüni, bejaht und beginnt aufzuzählen: „Robert Mayer, Lukas Flüeler, Pascal Caminada, Luca Boltshauser, zwischendurch Van Pottelberghe und Berra, beide Brüder Nyffeler, Niklas Schlegel und viele andere“, listet er bekannte Namen auf, fügt aber an, dass es viele junge Torhüter gibt, die bereit sind weiterzugehen. 

Auch er ist skeptisch zu mehr Ausländern 

Mit der Erhöhung der Ausländerzahl ist es für viele Teams lukrativ geworden, eine Lizenz für Torhüter zu brauchen. Er bestätigt, dass auch dieser Fakt bei ihm präsent ist: „Jetzt wo sie ihr Geld damit verdienen, ist es sehr wohl ein Thema.“ Zugleich schwenkt er aber auf die Kritik der Mentalität um: „Viele Schweizer Clubs finden, dass alles aus dem Ausland kommt und fremd ist besser sein muss als das Eigene.“ Diese Aussage untermauert er mit Beispielen. So spricht er aus dem Tessin Niklas Schlegel an und bei Ambrì Conz, der auch zum Einsatz kam. „Es hat aber Goalies gegeben, die hinten anstehen mussten und praktisch nicht mehr zum Spielen kamen, wie Bern oder Biel. Da ist die Zukunft sicher ein Thema. Viele finden mit 25 bereits keine Clubs mehr und reden vom Aufhören, wären aber national absolut konkurrenzfähig, speziell in der Swiss League.“ Als negative Beispiele aus Schweizer Sicht nennt er Bern und ZSC. „Waeber kam auch ab und zu im Sommer zu uns und geht nun glücklicherweise zu Kloten. Der ZSC hat einen ausländischen Goalie engagiert und er hat praktisch nicht mehr gespielt. Trotzdem hat sich die NHL für ihn interessiert. Da frage ich mich schon, ob man sieht, welch grosse Talente wir in der Schweiz haben“, zeigt er ein Beispiel auf, das genau das unterstreicht. 

Headcoach war kein Thema 

Zum Schluss nochmals zurück zu Bellinzona, weswegen wir für die Gazzetta erst auf Daniel Hüni aufmerksam geworden sind. Nicola Pini ist vor wenigen Wochen nach dem Abgang von Raffaele Sannitz neben Sportchef auch noch Headcoach geworden. „Diese Idee entstand wohl irgendwann im Vorstand.“ Er gibt zu, dass es wohl an vorderer Front eine Sparmassnahme ist. „Für mich als Goalietrainer ist es nicht relevant. Ich habe mit Sannitz sehr gerne gearbeitet. Er ist eine grosse Persönlichkeit! Ich bin mir aber sicher, dass Nico das Beste für den Club und für die Mannschaft tun wird.“ In schwierigen Zeiten gelte es auch unkonventionelle Lösungen zu finden, lässt er die aktuelle Situation etwas durchblicken.

Für ihn selbst sei der Posten kein Thema gewesen. Früher war er Headcoach in unteren Ligen und hätte auch die Ausbildung, um das in der Swiss League zu machen. „Ich arbeite aber zu 100% bei Ochsner Hockey und lebe davon. Beide Arbeiten könnte ich nicht unter einen Hut bringen. Dazu kommt noch die Arbeit mit der Hockeyschule. Jeden Tag könnte ich unmöglich da sein.“ Ehrlich gesagt sei er aber auch nicht dazu angefragt worden, aber wohl auch aus der Situation, wie er zugibt.

Alles läuft über Emotionen 

Seine eigene Spielerkarriere will Hüni nicht gross hervorheben, aber am Ende kommt genau daher die Quintessenz des Sports: „Je näher ich Richtung erste Mannschaft kam, desto mehr fühlte ich mich krank vor den Spielen und empfand es gar als Belastung. Ich kann mich erinnern, dass ich beim ersten Spiel im Hallenstadion [er spielte in de 80ern für den ZSC] so gezittert habe, dass ich beim Warm-Up umgefallen bin und wegen dem riesigen Druck heute auch an keine Spieldetails mehr erinnern kann.“ Die Freude hat er wieder gefunden, als er eine Liga tiefer spielte. Wie beschrieben, ist er dann in diesem Moment Goalietrainer geworden. Da er die Emotionen von Freude, Siegen und Trauer, Niederlagen selbst erlebt hat. „All diese Erlebnisse haben mir geholfen, dass ich mit den Goalies so persönlich arbeiten konnte und eine individuelle Betreuung gefunden habe. Das hat mich am Ende zu einem viel, viel, viel besseren Trainer gemacht, dass ich so viele Emotionen erleben durfte und musste.“ Der Stolz über das Erreichte kommt voll raus. „Zu Beginn wurde der Goalie belächelt. Wir haben eine so tolle Entwicklung beobachten können. Nun kann man die ganze Trainerkarriere auf der Basis eines Goalies durchlaufen. Am Ende sind die Emotionen bei der Arbeit entscheidend.“ 

 

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