Seit dem Playoff-Start läuft auf allen Sportsendern Kanadas aktuell eine grosse Kampagne und ein Aufruf, jedes in Kanada beheimatete Team zu unterstützen. Egal welches. Und somit auch tiefsitzende Rivalitäten über Bord zu werfen. Es geht einfach darum, die über 30 Jahre andauernde Stanley-Cup-Durststrecke (1993 Montréal Canadiens) zu beenden. Und so steht ganz Kanada in den Stanley-Cup-Halbfinals hinter den Edmonton Oilers. Aber nicht nur aufgrund dessen wünscht man sich bei den Vermarktern eine Finalteilnahme der Oilers. Der kanadische Markt ist aufgrund der Vermarktungsdichte und -intensität nicht nur lokal, sondern auch für die gesamte NHL sehr attraktiv. Ein Final zwischen zwei Traditionsteam, je eines aus Kanada und aus den USA, ist demnach also ein Wunschszenario, das durchaus eintreffen könnte. Auch für die NHL-Puristen.
Aber auch die Dallas Stars gehören mittlerweile zu jenen NHL-Unternehmen, die sich in ihren Märkten nicht nur etabliert, sondern auch eine gewachsene und treue Community aufgebaut haben. Auch das ist gut für die NHL, die sich aufgrund der Marketingziele im Zuge der Expansionsstrategie zurecht wünscht, dass regelmässig Clubs mit noch viel Potenzial zur Marktentwicklung weit in den Playoffs vorrücken. So wie nunmehr seit zwei Jahren die Florida Panthers.
„O' Canada“: Von wegen „Never mind the Markets“
Dennoch: Für eine optimale Vermarktung und Dramaturgie braucht es zumindest ein im Mutterland dieses Sports beheimatetes Team, welches weit in den Playoffs – am besten bis ins Finale - vorstösst. So übernehmen die Edmonton Oilers heuer die Rolle des „Team Canada“. Das ist wichtig für die Gesamtvermarktung, für das Storytelling der Liga und vor allem wird auch im „True North“ dank der Teilerfolge eines kanadischen Teams die Wertschöpfungskette verlängert und sehr viel mehr umgesetzt. Ausserdem typisch: Die Oilers geniessen in ganz Kanada die Sympathien – sogar bei den Fans des Erzrivalen Calgary Flames. In den USA nimmt das Publikumsinteresse und die Unterstützung rapide ab, sobald das Team aus dem eigenen Bundesstaat nicht mehr dabei ist.
Bitte nicht wieder einen „Süd-Gipfel“
Gleichzeitig – trotz der spielerischen Qualitäten der Florida Panthers und Dallas Stars sowie der Etablierung der Stars im Sportmarkt von Texas – befürchtet man eine neuerliche Finalpaarung zwischen zwei Expansions-Mannschaften aus dem Süden wie zuletzt 2023. Für die NHL hatte diese Konstellation letztes Jahr immerhin auch einen Mehrwert: Las Vegas ist in Sachen Vermarktung und Expansion vorbildlich und die Florida Panthers haben sich nach vielen Jahren in der Rolle des NHL-Sorgenkindes dank des sportlichen Erfolges mehr Kundenbindung verschafft. Für den wirtschaftlichen Erfolg der Expansionspolitik in neue Märkte bleibt dieser Aspekt wichtig. Aber prinzipiell ist es ebenso entscheidend, die Kernkundschaft in den Traditionsmärkten bei Laune zu halten - denn dort klingelt die Vermarktungskasse nochmals etwas lauter. Schon nur deshalb, weil auch in der lokalen Wertschöpfungskette die Vermarktung noch ein Stück intensiver ist.
Im Vermarktung-Niemandsland – trotz Zwischen-Hype
Okay, die Dallas Stars haben sich etabliert in der NHL. Auch bezüglich Vermarktung. Noch nicht dort angelangt sind die Florida Panthers. Da ist nach wie vor – Modefans und ein harter Kern an Fans ausgeschlossen – die Eishockeyaffinität im Wirtschaftsraum Sunrise/Fort Lauderdale/Palm Beach in Südflorida nahe der Everglades sehr gering. Und Miami ist zirka 50 Kilometer entfernt. Dieser NHL-Markt gehört noch immer zu den problematischen. Selbst das verhältnismässig kleine Orange County (Anaheim) konnte schon seit vielen Jahren eine Eishockeykultur in verschiedenen Zielgruppen etablieren. Die Florida Panthers indes mussten jahrelang mit Sonderaktionen die Fans zu den Spielen der Qualifikationsphase angelockt werden. Teilweise mit absurden Angeboten, die bei Fans in den traditionell gut situierten NHL-Märkten für Fassungslosigkeit sorgen. Regelmässig sind zudem die Auswärtsfans in der Überzahl. Die Ausnahme bilden die Playoffs. Da sind die Modefans wieder am Start und man versucht mit speziellen Mitteln die Ticketkontingente für Auswärtige zu limitieren.
Das Ziel bleibt die Kundenbindung
Die Hoffnung ist, dass der Erfolg der Panthers eine mittelfristige Wirkung erzeugt. Mittlerweile müssen die Panthers als Organisation nicht mehr so stark wie einst Jahr für Jahr von den anderen Clubs quersubventioniert werden (über den gemeinsamen Marketingpool). Nur ist eine dauerhafte Marktdurchdringung, wie es im Marketingjargon heisst, noch längst nicht erreicht. Und die positiven Begleiterscheinungen der kurzzeitigen sportlichen Erfolgsphasen bleiben bezüglich Vermarktung und Popularität relativ überschaubar.
Ergo: Man versucht die Wirkung der Vermarktungserfolge und Etablierung der Dallas Stars oder kürzlich den Vegas Golden Knights als Beispiele heranzuziehen und hofft, dass besonders die Panthers davon profitieren (und somit auch die ganze Liga gemäss des Vermarktungs-Rahmenvertrags). Als beste Beispiele hierfür werden die Los Angeles Kings und Tampa Bay Lightning herangezogen. Aber auch hier waren das strategische Zielgruppen-Marketing, ein optimales Timing und die sportliche Kontinuität die Basis für die Etablierung einer NHL-Community. Von dieser Konstanz sind die Panthers noch weit weg. Besonders bezüglich breitflächiger Kundenbindung.