Es gibt NHL-Clubs, die man aufgrund ihrer Tradition und kulturell wie auch wirtschaftlichen Bedeutung gerne wieder im Kreise der Topclubs sehen würde. Darunter gehören unter anderem die Chicago Blackhawks, die Philadelphia Flyers und natürlich auch die Montréal Canadiens. Bei den Canadiens deuten viele Anzeichen darauf, dass es bald wieder in den Kreis der regelmässigen Playoff-Teilnehmer zurückkehrt.
Nach dem Stanley-Cup-Finaleinzug 2021 war vielen in Montréal schon klar: Das war eine Playoff-Sternstunde und dieser Kader wird sich in den nächsten Jahren stark verändern. Die beiden Saisons nach der Finalteilnahme bestätigten die Befürchtungen, wobei wichtig zu erwähnen ist, dass die „Habs“ stark verletzungsgeplagt waren – besonders bei den Teamstützen. Was folgte waren nachhaltige Mutationen in der sportlichen wie auch infrastrukturellen Leitung.
Win-Win-Win mittels Multi-Team-Deals
Der damals neue GM Kent Hughes hatte eine Herkules-Aufgabe vor sich, als er im Januar 2022 den Posten des Sportdirektors bei den Montréal Canadiens übernahm. Ausgerechnet als Rookie-GM musste er im äusserst anspruchsvollen Hockeymarkt Montréal für das Rebuilding die Verantwortung bei der mittelfristigen Kaderplanung übernehmen. Und er zeigte sich kreativ. Sowohl bei den Draftpicks 2022 und 2023 wie auch bei einigen sehr interessant orchestrierten Transfers, wo nicht selten einige Clubs darin involviert waren. Und nicht zuletzt auch bei der aktuellen Saisonplanung konnte er wieder überraschen.
Im Tagesbusiness der General Manager stehen bei den Tauschgeschäften die Win-Win-Deals zwischen den Clubs im Vordergrund. Aber manchmal reicht es nicht, wenn nur zwei Clubs ein profitables Tauschgeschäft machen und es müssen mehrere General Manager mitspielen. So geschehen zuletzt auch beim Transfer, der Casey DeSmith, Nathan Légaré und Jeff Petry von Pittsburgh nach Montréal brachte (plus einen Zweitrunden-Draftpick 2025) im Tausch für Rem Pitlick und Mike Hoffman. Dies war der Türöffner für die Penguins für den Karlsson-Deal mit den San José Sharks. Wie sich später herausstellen sollte, hatte man Jeff Petry nur parkiert, um ihn dann wieder im Tausch mit Gustav Lindström sowie einem Viertrunden-Draftpick nach Detroit zu schicken. Dass dies schon vorher gemunkelt wurde und warum, erläutern wir etwas später.
Nur eine parkierte Wertanlage?
Das war also einmal mehr ein kreativer Ansatz von Kent Hughes bei seiner strategischen Rebuilding-Kaderplanung. Diese ist derzeit ziemlich fortgeschritten und man erkennt die Richtung wie auch seine Handschrift. Viele Fachleute schätzen die Canadiens wieder um einiges stärker ein als zuletzt und vieles deutet daraufhin, dass das Rebuilding in absehbarer Zeit mit sportlichem Erfolg gekrönt werden wird. Dennoch wurde schon sehr bald in Montréal gemunkelt, dass der letzte grosse Multi-Team-Trade allenfalls eher Wertanlagen sein könnten, die weitere andere vorbereiten. Davon ausgenommen war Nathan Lagaré. Aber speziell bei Jeff Petry und Casey DeSmith kamen die Diskussionen diesbezüglich schnell auf. Beide liessen sich lange Zeit für den üblichen Media Scrum oder das Willkommensinterview mit den Medien. Jeff Petry hatte sich sogar überhaupt nicht den Medien gestellt. Das ist in Montréal äusserst unüblich.
Unübliches Verhaltensmuster verriet schon vieles
Besonders bei Jeff Petry, der nach nur einer Saison wieder nach Montréal zurückkehren sollte. Dies mit einem Gehalt von 4,688 Millionen Dollar, da die Penguins sich bereit erklärt haben, 25 Prozent seines Jahressalärs von 6,25 Millionen Dollar zu zahlen. Sein Vertrag läuft noch zwei Jahre. Man wusste zudem: Kent Hughes könnte sogar einen zusätzlichen Anteil von 50 Prozent seines Gehalts einbehalten, so dass er Jeff Petry bei einem Gehalt von 2,3 Millionen eintauschen könnte. Warum aber war man schon von vorneweg mehr als misstrauisch bei diesem eigentlich Blockbuster-Deal? Da sind zwei Gründe zu nennen: Einerseits passt(e) dieser Transfer aus sportlicher Betrachtung nicht ganz in die neue Philosophie bei den „Habs“. Im Kader stehen einige beliebte erfahrene Verteidiger und es wimmelt nur so von jungen, sehr talentierten Mitspielern in der Defense (Guhle, Xhekaj, Harris, Barron). Andererseits war die neue Situation mit Petry, welche nun aber mittlerweile schon wieder eine Episode ist, auch aus persönlicher Sicht nicht einfach. Jeff Petry hatte 2022 aus familiären Gründen darum gebeten, zu einem Club in den USA zu wechseln. Ein Wunsch, der im Sommer 2022 erfüllt wurde, als er gegen Mike Matheson – einen Einheimischen aus Pointe-Claire unweit von Montréal - eingetauscht wurde. Warum also sollte er zurücktransferiert werden?
Auch die Torhütersituation lässt einiges an Interpretationsspielraum: Klar ist, dass Carey Price nicht mehr ins NHL-Geschehen eingreifen wird. Auch wenn er aus wirtschaftlich-taktischen und versicherungstechnischen Gründen seinen definitiven Rücktritt noch nicht bekanntgegeben hat. Mit Routinier Jake Allen und Samuel Montembeault, der letzte Saison zur heimlichen Nummer Eins bei den „Habs“ avancierte und mit Team Canada auch noch Weltmeister wurde, steht das NHL-Duo. In der Hinterhand kann man auf Supertalent Cayden Primeau (Rockets de Laval) zurückgreifen. Ist Casey DeSmith also auch eine Wertanlage? Oder eine Versicherung, weil die Canadiens in den letzten Saisons auch auf diesem Posten viel Verletzungspech zu beklagen hatten? In der Saison 2022/23 bestritt DeSmith als Penguins-Backup 38 Spiele. Der 32-jährige Amerikaner hatte mit 15-16-4 eine ausgeglichene Erfolgsbilanz und eine 3,17 GAA bei einer Abwehrquote von 90,5 Prozent. Sein Vertrag läuft noch ein Jahr (1,8 Millionen Dollar). Fragt sich jetzt, was ist Casey DeSmith: Ein zusätzlicher Konkurrent für die „Habs“-Keeper oder doch auch nur eine Schachfigur im grossen Kreativspiel des GM?