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NHL Observer

Das Geheimnis des aktuellen sportlichen Erfolgs und der Popularität der New Jersey Devils – einst als erfolgreiche, aber graue Maus der Liga verschrien – liegt in einem Bekenntnis, welches 2017 umgesetzt wurde. Und nun greift man – mit Timo Meier – auch nach den Playoff-Sternen.

Als Nico Hischier 2017 als erster Schweizer Nummer-Eins-Draftpick overall von den New Jersey Devils ausgewählt wurde, waren die Meinungen gespalten. Gewiss, Hischier galt als Supertalent, aber auch Nolan Patrick und Cale Makar standen jeweils in diesem Draftjahr hoch im Kurs. Die Devils aber wussten genau, was sie taten. Sie wollten innerhalb der Mannschaft einen Paradigmenwechsel herbeiführen, hin zu einem sehr schnellen und agilen Team, welches in der NHL der Zukunft bestehen kann. Devils-GM Tom Fitzgerald, der zum Zeitpunkt des Drafts Stellvertreter von Ray Shero war, sagte den Medien kürzlich rückblickend: "Manche sagen: 'Oh, wir hätten Makar genommen.' Nun, zu der Zeit wollten wir unser Team auf der Center-Position aufbauen. Ein paar Jahre später hatten wir das Glück, wieder die Draftlotterie zu gewinnen und so Jack Hughes zu wählen.“ Auch Jack Hughes ist ein Center und passte hervorragend ins Konzept, auf dieser Position auf schnelle junge, technisch und taktisch hervorragende Spieler zu setzen. Es sei gewesen wie damals, als er (Fitzgerald) 2007 im Front Office der Pittsburgh Penguins gearbeitet habe und Sidney Crosby sowie Evgeni Malkin gedraftet wurden.

Warum Nico Hischiers Wahl rückblickend richtig war, obwohl Cale Makar auf dem Präsentierteller stand, zeigt sich jetzt: Nico Hischier sei ein potentieller Kandidat für die Selke Trophy. Dies sagte Tom Fitzgerald übrigens schon nach der ersten – bereits erfolgreichen – NHL-Saison Hischiers voraus. Ein guter NHL-Erstlinien-Centerspieler ist offensiv wie auch defensiv, taktisch wie auch spielerisch immer auf der Höhe. Ein exzellenter Centerspieler ruft konstant über Monate in allen diesen Bereichen seine Topleistung ab und macht ausserdem seine Mitspieler besser, egal mit welchen Flügelspielern er agiert. So ein Center ist Nico Hischier – der wahre Schlüsselspieler bei den aktuell so erfolgreichen New Jersey Devils.

Geschickte Draft- und Transferpolitik

Auch der Umgang mit Jack Hughes, als dieser sich in seinen ersten zwei NHL-Saisons mit Verletzungssorgen und Leistungsschwankungen herumplagte, war sinnbildlich: Trotz Kritik und leichter Ungeduld von aussen liessen sich die Devils nicht beirren und der Nummer-Eins-Draftpick 2019 zahlt dies jetzt mit herausragenden Leistungen zurück.

Die Erfolgsstory endet natürlich nicht mit Nico Hischier und Jack Hughes. Der Aufbau des Teams folgte konsequent einem Credo: Schnelligkeit und gedankliche wie auch technische und taktische Umsetzungskompetenz sind die Fähigkeitsmerkmale, die ein Devils-Spieler mitbringen muss. Auch die nachfolgenden Draftpicks waren geschickt gewählt: 2020 folgte Dawson Mercer als nächster Erstrundendraftpick (Nummer 18 overall). Und dieser konnte nur gewählt werden, weil man zuvor Taylor Hall getradet hatte, seines Zeichens immerhin der MVP der Saison 2018. Einige andere Draftpicks erwiesen sich mit etwas Verzögerung als Gewinn, wie beispielsweise jener von „Late Bloomer“ Jesper Bratt (2016), der erst in der sechsten Runde gezogen wurde. Der Aufbau gelang, aber auch gewisse Verpflichtungen und Transfers der letzten Jahre trugen Früchte: Dougie Hamilton, John Marino und Jonas Siegenthaler zum Beispiel haben der Defensive Reife, Stabilität und Offensive gebracht.

„Timo Time“ nun in Jersey – Ready for Playoffs

Und jetzt ist man bereit, „all in“ zu gehen. Nach Dougie Hamilton und Ondrej Palat ist Timo Meier der dritte Trade, bei dem einer mit dem Attribut Superstar akquiriert wurde. Der Schweizer mit dem herausragenden Direktschuss aus der Halbdistanz kann DER „missing link“ sein für eine erfolgreiche Playoff-Kampagne. 2018 stand man letztmals in den Playoffs – in Hischiers erster NHL-Saison. Die Devils waren aber chancenlos mit den damals noch unerfahrenen jungen Teamleadern im Kader. Auch fehlte es an der Physis. Diese ist nunmehr da, die Leistungsträger sind gereift und mit Spielern wie Timo Meier ist die Torgefahr und die physische Komponente vorhanden. Auch Erik Haula als dritter Center wird in den Playoffs eine wichtige Rolle spielen und Tomas Tatar hat seine Karriere nochmals neu lanciert.

Das Prudential Center ist mehr denn je ein Hexenkessel. Mehr als früher, weil die Spielweise der Heimmannschaft äusserst attraktiv ist. Die Fans in der Metropolitanregion New York und im Bundesstaat New Jersey haben das Team adoptiert. Und so ist es natürlich auch bei uns in der Schweiz. Unter den NHL-Fans ist dank dem Schweizer Quartett geradezu eine Begeisterungswelle ausgebrochen. Mit Jonas Siegenthaler, Nico Hischier und Timo Meier sind drei Stammspieler im Kader. Und auch Akira Schmid nutzte die Gunst der Stunde, als sich der Stammkeeper Mackenzie Blackwood verletzte. Mit Vitek Vanecek und ihm haben die Devils ein starkes Goalieduo. Mal sehen, wie die beiden unerfahrenen Goalies sich in den Playoffs schlagen.

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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