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Gazzetta Dell'Ambrì

Nachdem sich die Euphorie um seine Rückkehr etwas gelegt hat, hat Kubalik uns erzählt, wie er den Weg zurück in die Leventina gefunden hat, was ihn überrascht und wo er sich in fünf Jahren sieht.

Als sich abzeichnete, dass der Tscheche zurückkommt und spätestens, als es Tatsache war, stieg die Euphorie rund um den Club ins Unermessliche. Dies registrierte er sehr wohl, wie er mit einem verlegenen Lächeln bestätigt: «Ich merkte von Beginn an, dass die Fans über meine Rückkehr glücklich sind. Das ist natürlich schön, wenn man die Unterstützung vom Publikum hat. Nun versuchen wir ihnen zu geben, was sie verdient haben.» Sie hätten das Ziel, für die entgegengebrachte Freude, die sie ins Stadion bringen, gute Leistungen zurückzugeben. 

So kam es zum Comeback in Ambrì 

Die Rückkehr in die Leventina ging recht schnell, wie er erklärt: «Selbstverständlich versuchte ich einen neuen Vertrag in Nordamerika zu bekommen. Wir warteten, warteten, warteten. Aber irgendwann musste es weitergehen und wir was tun, um sicher zu sein, einen Vertrag zu haben, bevor in Europa die Saison losgeht.» Sie seien mit Duca in Kontakt gewesen und dann kam es ziemlich schnell zu einem Deal. Dass er nicht zurück zum früheren Club Pilsen wechselte, hat seine Gründe: «Ich wollte nicht nach Tschechien und an einem anderen Ort spielen.» Zwar wachse die tschechische Extraliga, aber seine Familie und er wollen noch etwas weg von der Heimat sein. Es werde eine Zeit in der Karriere kommen, wo er zurückgehen wolle, aber das sei momentan nicht der Fall. Die Schweiz sei die eine Option in seinem Kopf gewesen und die Familie habe verstanden, wie erfolgreich er hier gewesen ist. «Sie haben mich bei all meinen Entscheidungen unterstützt. Am Ende war die Entscheidung einfach.»

Von Idolen und Erfolglosigkeit 

Der 7. Runden-Draft der LA Kings aus dem Jahr 2013 war nach drei Jahren in Chicago, wo seine Rechte hingingen, je eine Saison in Detroit und Ottawa. «Die Erfahrung in der NHL war grossartig. Es war sehr cool, dass mein Traum wahr wurde.» Es sei anders als er jünger war, sagt der bald 30-jährige Kubalik. Eine Reihenfolge seiner drei Stationen nach der Beliebtheit erstellt er in der Folge, wie er sie durchlaufen hat…was eigentlich nicht verwundert. Dazu führt er noch aus: «Mein erstes Spiel und meine erste Saison war in Chicago. Die Organisation und die Mitspieler, wie Jonathan Toews und Patrick Kane, meine zwei Idole, waren toll. Es war ein Vergnügen da zu spielen.» In seiner ersten Saison konnte er dann auch das bislang einzige Mal in der NHL-Playoffs spielen. Unvergessen bleibt das erste Spiel von Kubalik in der Postseason. Er konnte gegen Edmonton zwei Tore und drei Assists in einem Spiel verbuchen und hatte damit massgeblichen Anteil, dass die Blackhawks die Serie gegen die Oilers gewinnen konnten. Danach war gegen Vegas in fünf Spielen Endstation. 

Besser als erwartet 

In Chicago und Detroit kreuzten sich auch die Wege von ihm und Pius Suter. Zu ihm hat Kuba nur lobende Worte: «Guter Spieler. Smarter Junge auf dem Eis, der weiss, wo er sein muss.» Suter wisse um den Fakt seiner Köpergrösse. «Er ist nicht der grösste Spieler, aber er ist clever und intelligent genug, dass er die Aspekte des Spiels nutzt und so erfolgreich ist.»

Schaut man auf die vergangenen fünf Jahre, drängt sich eine Frage auf. War es in der NHL so wie erwartet? «Nein. Es war besser. Es war hart. Nicht viele Leute sehen, wie es wirklich ist. Du reist viel, schläfst fast die halbe Saison in Hotels und gehst manchmal fast zwei Wochen auf Auswärtstrips.» Für die Familie und andere sei es nicht einfach, aber es ist die beste Liga der Welt. «Manchmal musst du was geben, um etwas zu bekommen.» Es habe Spass gemacht, aber es sei nicht einfach, zieht er ein Fazit.

Dieser Traum ist vergangenen Sommer (vorübergehend) zu Ende gegangen. In Ottawa hatte er keinen neuen Vertrag bekommen und auch kein anderes der 31 NHL-Teams wollten ihn verpflichten. Auch wenn seine Zukunft ungewiss war, lag sein Hauptfokus nicht darauf, sondern auf der Heim-WM in Tschechien. «Ich hoffte, dass mir jemand eine Chance gibt und für ein Jahr verpflichtet, und dann sehen wir weiter. Das passierte aber nicht. So läuft es», kommentiert er die Geschehnisse nüchtern. «Die NHL geht weiter und es kommen junge Spieler in die Liga. Du musst deinen Platz erkämpfen und das tat ich nicht. Also musste ich ein neues Kapitel aufschlagen. Ich sage nicht, dass es vorbei ist, aber nun bin ich hier und fokussiere mich auf die Spiele in der Schweiz», so ein pragmatischer Kubalik weiter. «Ich bin glücklich, hier zu sein. Ich weiss, wie es sein kann und kenne die Leute um den Club. Das machte es definitiv einfacher.» 

Der Kontakt blieb 

Als 2019 sein Abgang feststand, nahm ihm diesen niemand übel, aber umso mehr trauerte man dem Tschechen nach. So wie wir ihn in den letzten Jahren nicht vergassen, so tat er es auch mit Ambrì nicht. Für ihn waren die Monate in der Leventina nicht business-as-usual. In seiner Zeit in Übersee habe er den Club immer verfolgt. «Ich habe eine sehr enge Beziehung mit Ambrì und habe verfolgt, was sie tun. Die Spiele zu schauen, war mit der Zeitverschiebung sehr schwer, aber ich weiss, wie es ihnen gelaufen ist.» Um das noch zu unterstreichen, erwähnt Kubalik den Spengler-Cup-Sieg. «Mit einigen Spielern, wie Zwergy, habe ich den Kontakt in all den Jahren gehalten.»

Zwerger war und ist eine enge Bezugsperson des Tschechen – das merkt man spätestens nach diesem Interview. Er war es auch, den Kubalik über seinen Deal in Ambrì direkt informierte. «Zwergy war der erste, den ich anrief. Er war aufgeregt und ich war aufgeregt, um wieder zusammen im Team zu sein.» Zwerger sei «überraschenderweise» noch hier, Jesse Zgraggen kam zurück, Kostner ist noch da und die Gebrüder Dotti spielen noch für den HCAP, wie sie es bereits im Frühling 2019 getan haben. «Es war einfach zurück in ein Team zu kommen, in dem ich bereits einmal gespielt habe. Einige sind neu. Einige sind noch da. Man kennt die Leute um den Club und den Trainerstab. Das machte es ab Tag eins zurück sehr einfach», so Kubalik zu seinem Comeback in der Leventina. 

Weltmeister und Vater in zwei Wochen 

Als Kubalik vor genau sechs Jahren in der Valascia von der Gazzetta interviewt wurde, ist die tschechische Nationalmannschaft für ihre notorische Erfolglosigkeit hart kritisiert worden. Seither ist viel passiert, mit dem Höhepunkt dem Weltmeistertitel im eigenen Land vergangenen Mai. Es lag auf der Hand ihn erneut zu fragen woran es liegt: «Das ist die grösste Frage von allen. Für uns ist es äusserst entscheidend, wie es in der NHL steht.» Das gleiche gelte auch für die Schweiz, relativiert aber gleich, dass es eigentlich überall so sei. «An der WM hatten wir ein sehr gutes Team. Alles begann zusammen zu passen, obwohl wir keine guten Spiele direkt vor dem Turnier hatten.» Der Sieg am Ende sei grossartig gewesen und machte es zu einer speziellen Zeit, so der amtierende Weltmeister.

Auch wenn er aus dem Schwärmen fast nicht mehr herauskommt, hebt er gleich auch den Mahnfinger. Es sei nur ein Turnier gewesen und sie müssten es sicher bald wieder gewinnen, um von einer Wende sprechen zu können. Die Marge ist enorm klein. «Vom ersten kann es schnell wieder auf den siebten Platz gehen», bleibt er realistisch. «Wir müssen eine Zeit lang an der Spitze spielen können, um zu sagen, dass es etwas besser geworden ist. Die tschechische Liga wird stärker. Es kommt mehr Geld rein. So kommen die guten Spieler nach Tschechien und das ist die Basis», sieht Kubalik die Gründe für den Aufschwung in der heimischen Liga. Dabei nennt er das Beispiel Pardubice, das mit einem der grössten Budgets in Europa hat. Im gleichen Atemzug nennt er auch Roman Cervenka, der aus Rapperswil eben zu Pardubice gegangen ist. «So bringt es alle Teams dazu sich mit ihnen zu vergleichen.» Dies kann Erfolg bringen, aber birgt auch die Gefahr, dass sich einzelne Teams übernehmen. Vorderhand geht es gut. Eine ähnliche Spirale nach oben ist in der Schweiz zu sehen.

Für Kubalik waren es persönlich überwältigende zwei Wochen, die «das Leben veränderten». «Es war grossartig», wiederholt er zweimal. «Ich genoss es. Während des ersten Spiels wurde meine Tochter geboren, was natürlich mein Leben veränderte. Ja, wir sind Weltmeister geworden, aber das ist das Grösste, was passieren kann», stellt Kubalik den sportlichen Erfolg in Perspektive. «Das Leben änderte in zwei Wochen sehr schnell. Vater und Weltmeister werden, hätte ich in dieser kurzen Zeit nie gedacht.» 

Olympia nicht im Kopf, vage Vorstellungen zur Zukunft 

In 14 Monaten findet Olympia in Mailand, und damit quasi vor der Haustüre des aktuellen Arbeitsorts, statt. Zusätzlich speziell wird das Turnier, weil die NHL ihre Spieler zur Verfügung stellt. Auch wenn er es nicht so gesagt hat, wäre es als Weltmeister ein Traum, da dabei zu sein. Zu Protokoll gegeben hat er genau das Gegenteil: «Das ist zu weit weg. Das ist überhaupt nicht in meinem Kopf. Ich fokussiere mich voll darauf, was hier und im Rest der Saison passiert. Bis dahin ist noch viel Hockey zu spielen und viel kann passieren», beschreibt Kubalik seine aktuelle Einstellung. 

Wie sehr er im Moment lebt, beweist er mit der Antwort auf die nächste Frage, was nun nach dem Weltmeistertitel kommen wird. «Ich weiss es nicht. Ich habe mir nie wirklich ein Ziel gesetzt. Man weiss nie, wie alles verläuft.» Das Wichtigste sei gesund zu sein, denn wenn man es nicht sei, helfe das eh niemandem. «Momentan fokussiere ich mich nur, mein bestes Spiel zu zeigen und mich jeden Tag zu verbessern. Das ist, was ich tun kann.»

Keine Vergleiche bitte 

Mit 29 Jahren denkt man im Eishockey noch nicht wirklich an die Karriere danach, wir wollen aber wissen, wo er sich in fünf Jahren sieht. Kurzfristig hat es aus mehreren Gründen keinen Sinn gemacht. Also war die Frage eben weiter gefasst. Kubalik beginnt zu rechnen und meint, dass er dann 34 Jahre alt ist. Er wisse es nicht und beginnt zu lachen. «Hoffentlich habe ich dann immer noch die Energie, wie heute. Ich will noch Hockey spielen und das Level erreichen, das ich nach wie vor will», hält er sich auch zum Ende sehr bedeckt.

Aber etwas weiss er ganz genau: Er werde nicht der nächste Jaromir Jagr. «Keine Chance. Mit 50 bin ich vielleicht ein bisschen dick und geniesse mein Leben», spielt er mit einem Augenzwinkern auf das Alter der tschechischen Legende an. Jagr ist noch immer aktiv. Im Interview vor sechs Jahren war Jagr ebenfalls Thema. Damals antwortete Kubalik, was er zu ihm noch brauche, kurz und knapp mit: «Alles.» Dies würde er auch diesmal unterstreichen und fügt an: «Ich will der beste Kubalik sein, der möglich ist. Ich will am Ende meiner Karriere zurückschauen und sagen können, dass ich alles getan habe, um besser zu werden.» 

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