Vierzehn Jahre lang haben zwei Teams die PostFinance Women’s League mehr oder weniger dominiert: Die ZSC Lions mit neun und die Ladies Lugano mit vier Titeln. Einmal kam Corona dazwischen. Mit dem kontinuierlichen Niedergang der Tessinerinnen griff mit Bomo Thun respektive dem SC Bern vor zwei Jahren ein neues Team ins Titelrennen ein. Nun steht ein weiterer Player auf der Eisbühne bereit – und startet gleich als klarer Favorit ins Rennen um den Meisterpokal 2024/25: Das Frauenteam des EV Zug, das einzige semiprofessionelle Team der Achter-Liga.
Man wolle Titel gewinnen, verkünden die Innerschweizerinnen, nachdem sie in der letzten Saison ihre „Strafaufgabe“ in der SWHL B humorlos mit 18 Kantersiegen (alle zweistellig, von 11:0 bis 27:0) gelöst haben. In 22 Spielen inklusive National Cup Women erlitten sie nur eine einzige Niederlage, im Final des Final Four gegen den SC Bern. In dieser Saison sind die Zugerinnen bisher ungeschlagen, sie haben alle fünf Testspiele gewonnen u.a. gegen den SC Bern und die Davos Ladies und unterstreichen damit ihre Favoritenrolle.
Nationalspielerinnen „en masse“
Zugs Kader, angeführt von der Nationalmannschafts-Fraktion mit Lara Stalder, Noemi Ryhner, Rahel Enzler (zurück aus den USA), Lena Lutz, Naemi Herzig, Ivana Wey, Annic Büchi und Nora Harju, umfasst 20 Spielerinnen, 19 davon haben in ihren Landesauswahlen (A und U18) zumindest ein Länderspiel bestritten. Nur einer einzigen Spielerin ist dieses Privileg bisher verwehrt geblieben. Allein diese Tatsache unterstreicht, welch Potenzial in dem von Daniela Diaz geführten Team steckt. Das allerdings will nicht heissen, dass die Zugerinnen auf ihrem Weg zum angestrebten Triumph keine Gegner haben werden. Im Gegenteil: Jedes einzelne der sieben anderen Teams wird gegen die „Millionarios“ aus Zug seine beste Leistung zeigen und dem Kronfavoriten ein Bein stellen wollen.
Die letztjährigen Finalisten
Auch der Vizemeister und Cupsieger SC Bern wird um den Qualifikationssieg mitreden wollen. Die Bernerinnen haben sieben, zum Teil gewichtige, Abgänge durch ebenso gewichtige Neuzugänge kompensiert. Mit Kaleigh Quennec stürmt eine aktuelle Nati-Spielerin neu in Bern, mit der reaktivierten Isabel Waidacher eine ehemalige. Beide Transfers gehören zu den Highlights der abgeschlossenen Transferperiode. Offensiv scheint der SCB stärker aufgestellt zu sein. Dafür werden auch die beiden neuen Ausländerinnen Lea McLeod und Clara Rozier sorgen. In der Defensive fehlt trotz drei Nationalspielerinnen und Veteranin Julia Marty die Breite. Die neuen Nachwuchsspielerinnen werden Zeit brauchen, um sich in der obersten Liga zu etablieren.
Der aktuelle Meister, die ZSC Lions, hat Nati-Verteidigerin Alessia Baechler und Sturmtalent Renée Lendi an Davos verloren, zudem sind Vanessa Schaefer und Christine Deaudelin in ihre Heimat Kanada zurückgekehrt. Mit den Zuzügen der beiden Ausländerinnen Josefine Holmgren und der Tschechin Alena Polenska, einigen Jungtalenten aus dem GCK-Kader und der ehemaligen Lions-Nachwuchsspielerin Hayley Hirt sollten die Abgänge kompensiert sein. Die Lions werden auch weiterhin vorne mitmischen, die Frage ist nur, auf welchem Platz (2-4) sie die Qualifikation abschliessen werden.
Die ZSC Lions und der SC Bern werden in der neuen Saison die grösste Konkurrenz des EV Zug sein.
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Gottéron in den Playoffs
Ist eine Prognose, die Fribourg-Gottéron in der ersten Tabellenhälfte sieht, gewagt? Nein. Der Aufsteiger der Saison 2022/23 hat in seiner ersten PFWL-Meisterschaft Lehrgeld bezahlt, aber oft mit überraschenden Resultaten – im positiven wie auch im negativen Sinn – verblüfft. Nun scheinen die Freiburgerinnen mit einem «neuen Kader» bereit für Höheres zu sein: Neue Ausländerinnen aus Kanada und Finnland, eine Nati-Torhüterin und Spielerinnen aus Bern und Davos mischen sich mit dem bestehenden Talent zu einem Team, mit dem stark zu rechnen sein wird. Alle Augen sind auf die Neuverpflichtungen Maggy Burbridge (aus der kanadischen Universitätsliga) und Shailynn Snow (aus der amerikanischen NCAA) gerichtet. Beide haben in der Vorbereitung ihren Torinstinkt bereits mehrmals bewiesen (je acht Tore).
Wer kommt danach? Ambri oder Davos. Eigentlich sagt das Gefühl Ambri, doch Davos hat diese Prognose gleich im ersten, vorgezogenen Meisterschaftsspiel mit einem souveränen Auswärtssieg in der Leventina über den Haufen geworfen. Während Ambri vom Potential her etwa gleich stark einzuschätzen ist, hat Davos deutlich zugelegt. Ambri hat auf den Abgang von Josefine Holmgren nach Zürich mit der Verpflichtung des Topscorer-Duos aus der finnischen Liga reagiert und neben der arrivierten Fanny Rask die Offensive weiter ausgebaut. Es wird sich zeigen, ob Michaela Pejzlova und Julia Liikala (beide von Helsinki) ähnliche Werte erreichen, wie sie das frühere finnische Topscorerinnen-Duo Estelle Duvin und Maija Otamo (SC Bern) während den letzten beiden Jahren gezeigt hat. Ambris Stärke liegt – wie letztes Jahr – in der Offensive, defensiv ist das Team nach dem Holmgren-Abgang kaum stärker geworden.
Gelingt Davos oder Ambri der Sprung in die Spitzengruppe?
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Finnische Führung und Kanada-Power
Die Davos Ladies gehen mit einer neuen Trainerin, der Finnin Johanna Ikonen, und einem kompetitiveren Kader in ihre zweite Saison in der PF-Women’s League. Neben den drei neuen Kanadierinnen Courtney Kollman, Joelle Fiala und Elizabeth Lang (alle aus der kanadischen Uni-Liga) sowie der Amerikanerin Leah Marino (bisher) konnten die Bündnerinnen die beiden ZSC-Meisterinnen Alessia Baechler und Renée Lendi sowie die amerikanisch-kanadisch-schweizerische Triplebürgerin Lucie Tenenbaum neu verpflichten. Baechler und Tenenbaum stärken die ohnehin gut aufgestellte Verteidigung mit den beiden Nati-Spielerinnen Stefanie Wetli und Janine Hauser. Dazu sind aus Lugano Rebecca Rocchella und Aurora Abatangelo gekommen, beides Italienerinnen mit Schweizer Lizenz. Alle sechs Tore im ersten, vorgezogenen Meisterschaftsspiel gegen Ambri am letzten Wochenende schossen die Neuverpflichtungen, womit das interne Ziel, das Erreichen der Playoffs, auf eindrückliche Weise unterstrichen wurde.
Greift Neuenburg ins Playoff-Rennen ein?
Fehlen noch die Neuchâtel Hockey Academy (NHA) und die Langenthaler Damen. Während sich die Neuenburgerinnen in der vorderen Tabellenhälfte sehen, ist Langenthal erneut der erste Kandidat für die Playouts gegen den Sieger der SWHL-B. Neuenburg geht mit einem ähnlichen Kader wie letzte Saison an den Start. Zwei der vier Ausländerinnen (Madison Truax und Tatiana Onyshchenko) sind geblieben, neu spielen Rosalie Bégin-Cyr aus der NCAA sowie die junge Französin Clara Piazzon für das Team vom Neuenburgersee. Aus Bern zurückgekehrt ist Verteidigerin Marie-Pierre Pélissou. Ob sie die erfolgsbringenden Elemente sind, wird man sehen. Vermutlich wird sich die NHA eher nach hinten orientieren müssen oder gelingt ihnen wieder eine Überraschung wie im letzten Jahr (Rang 4)?
Langenthal, beendete die letzte Saison auf dem letzten Platz. Nach Rückzugsgedanken haben sie sich entschlossen, auch in dieser Saison in der Women’s League mitzuspielen. Sie tun das mit einem wenig veränderten Team, in dem einzig die Zuzüge der kanadischen Torhüterin Dayna Owen (von den Amsterdam Tigers) und der erfahrenen Nicole Andenmatten (von Ambri) sowie der Abgang von Topskorerin Viktoria Maskalova (zum SC Bern) auffällt.
Neuer Modus für die Playoffs
Der Qualifikationsmodus mit 28 Regular-Season-Spielen bleibt unverändert. Für den Saisonhöhepunkt, die Playoffs, gibt es Änderungen: Die beiden erstklassierten Teams (Rang 1 und 2) sind neu direkt für die Playoff-Halbfinals qualifiziert. Die Teams auf den Plätzen 3 bis 6 bestreiten - wie bei den Männern - die Play-Ins. Dabei trifft der Tabellendritte auf den Tabellensechsten und der Viertplatzierte auf den Fünftplatzierten. Diese vier Teams machen in einer Best-of-3-Serie die letzten beiden Halbfinal-Plätze unter sich aus. Die Playoff-Halbfinals sowie der Playoff-Final werden in einer Best-of-5-Serie gespielt. Die Verliererinnen der Halbfinals spielen in einer Partie um den Gewinn der Bronzemedaille.
Die beiden Teams auf den Qualifikationsrängen 7 und 8 spielen eine Playout-Serie im Best-of-5-Modus, bevor der Verlierer zu einer Ligaqualifikation gegen den B-Meister antreten muss.
Diese Modusänderung bringt es mit sich, dass neu sechs Teams eine Chance auf die Playoffs haben. Entsprechend sind die von den Teams geäusserten Saisonziele zu verstehen: Auch der Sechstplatzierte (bisher der Vierte) wird zum möglichen Halbfinalisten. Das hat allerdings zur Folge, dass der in den letzten Jahren immer wieder interessante Playoff-Strich nach Rang 4 verschwindet.