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NHL Observer

Montréals Cole Caufield ist „on fire“ - und dennoch wird es ihm aller Voraussicht nach nicht für eine Nominierung ins Team USA beim Vier-Nationen-Turnier im Februar 2025 reichen. Aber er ist auf Kurs, seinen eigenen NHL-Punkterekord (65 Skorerpunkte 2023/24) zu brechen. Wird dies US-Teammanager Bill Guérin vielleicht doch zum Nachdenken bringen? Was ihm dabei helfen könnte: Seine Mission mit der Nummer 13. 

Der Saisonstart der Montréal Canadiens liess zuletzt viele Fragen offen: Wie ausgeglichen ist der Kader wirklich? Lastet auf Samuel „Monty“ Montembeault zu viel Verantwortung, weil sein Backup Cayden Primeau kaum Spiele zu gewinnen vermag (7 Partien, nur einen Sieg, Save-Quote 84,5%)? Kann man die junge, sehr talentierte Verteidigung besser unterstützen, damit sie weniger Tore zulässt? Eine Gewissheit jedoch gibt es schon: Cole Caufield ist als Topskorer wieder auf Rekordkurs. Er liegt – Stand Sonntag, 17.11.24 - mit 12 Volltreffern in der Torjägerstatistik nur ein Tor hinter Sam Reinhart und Leon Draisaitl, den besten Torschützen der Liga.

"On a mission" für den verstorbenen Freund

Und man sieht beim jungen US-Boy (23) signifikante Entwicklungen als Spielmacher. Caufield wurde in den letzten drei Saisons eher das Attribut Sniper verliehen, weil er mehr Tore schoss als vorbereitete. Aber bereits 2023/24 widerlegte er diese Schubladisierung mit 37 Assists bei 65 Skorerpunkten. Wo ihn aber gegenwärtig die „Habs“ am ehesten brauchen ist tatsächlich bei der „Finission“, also als Vollstrecker. Und der Erstrunden-Draftpick 2019 (Nummer 15 overall), der 2021/22 die Liga und die Montréal-Fans mit seinem Einstand mitten während der Saison (10 Spiele, 5 Punkte) und in den Playoffs bis ins Finale (20 Spiele, 12 Punkte), mit zumeist matchentscheidenden Toren, im Sturm eroberte, liefert ab: 12 Volltreffer sind es bisher schon. Nicht zu vergessen, dass Caufield „on a mission“ ist: Er hat seine Trikotnummer gewechselt, um seinen verstorbenen Freund Johnny Gaudreau zu ehren und widmet auch ihm seine Tore. Die Spiele gegen die Columbus Blue Jackets, wie jenes am letzten Samstag, stehen für ihn so oder so in einem speziellen Kontext: „Wegen Johnny habe ich irgendwann in meiner Karriere die Nummer 13 getragen und jetzt trage ich sie wieder, um ihn zu ehren“, sagt er. Er habe damals den Weg für kleinere Spieler geebnet, so Caufield. „Und bewiesen, dass wir in diesem Spiel auf höchstem Niveau eine Zukunft haben. Ich werde ihm für immer dankbar sein, dass er mich und andere inspiriert hat.“ Da würde sicherlich auch sein Chefcoach Martin St. Louis zustimmen, der in seiner NHL-Generation Gleiches vollbrachte. 

Flirten mit einer neuen persönlichen Bestmarke

Caufield scheint von dieser Mission beflügelt: In den letzten drei Spielzeiten flirtete er mit der 30-Tore-Marke (23, 26 und 28 Treffer). Diese dürfte er zweifelsohne erreichen, so sind sich fast alle Fachleute einig. Denn er wurde zeitweise auch ausgebremst von Schulterverletzungen oder anderen kleineren Blessuren. Bleibt Caufield gesund, wird er seinen Tor- und Punkterekord locker übertreffen. Auf der Statistik-Plattform Eliteprospects werden ihm für diese Saison mindestens 69 Punkte vorausgerechnet. Es ist aber auch eine Frage von Sequenzen und einem Rhythmus, wie produktiv man ist. 

Was festgestellt wurde: Caufield ist bereits viel selektiver, wie er den Abschluss sucht, als die Saisons zuvor. Und er trifft öfter bei 5-gegen-5, bleibt aber nach wie vor ein erfolgreicher Zielspieler für Halbdistanz-Onetimer im Powerplay. Die Analyse-Plattform Sportlogiq fand heraus, dass nach wie vor 82 Prozent der Tore bei 5-gegen-5 in unmittelbarer Nähe des Slots erzielt werden. Nur 44 Prozent von Caufields 5-gegen-5-Schüssen in der letzten Saison kamen aus dem Slotbereich, was zum Teil erklärt, warum er Schwierigkeiten hatte, konstant zu punkten. Das ist jedoch nachvollziehbar, denn Caufield ist per se kein Slot-Spieler wie beispielsweise sein Mannschaftskollege Brendan Gallagher. Er ist und bleibt wirkungsvoll aus der Halbdistanz. Dennoch kann man feststellen, dass er sich diese Saison öfter als zuvor im Slot positioniert und dort auch schon einnetzte. 

Fazit: Cole Caufield harmoniert sehr gut mit Center Nick Suzuki, der ihm die Torvorlagen liefert, um den Punkterekord zu brechen. Und wer weiss, vielleicht wird Bill Guérin doch noch das „Wunderkind“ in den US-Kader berufen?

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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