Letztmals 2021 waren die Montréal Canadiens in den Playoffs. Und schafften es damals bis ins Stanley-Cup-Finale. Die Euphorie war zwar riesig – aber mit einem grossen Makel: Wegen der strengen Covid-Beschränkungen in Kanada und speziell in der Provinz Québec fühlten sich die Playoffs vor (fast) leeren Rängen nicht so an wie üblich. Die Hockey-Partys fanden – auch hier unter Beschränkungen - draussen statt.
Dabei ist die Playoff-Zeit in Montreal immer etwas Besonderes. Die Stadt wird dekoriert, es wird spontan getanzt und angefeuert und man sieht – auch an Tagen ohne Spiele mit Montreal-Beteiligung - überall Leute in „Habs“-Jerseys.
Historisch gewachsene Playoff-Kultur
Diese Playoff-Begeisterung und -Kultur ist historisch gewachsen. Viele Teilnahmen und Erfolge haben die Fans nicht satt gemacht. Montreal ist nach wie vor Rekordsieger mit 24 Stanley Cups vor Toronto mit 13 und deren 11 für Detroit Red Wings. Der letzte Titel der Toronto Maple Leafs liegt aber mit dem Jahr 1967 bald mal 60 Jahre (!) zurück. Viele Fans in Kanada machen sich einen Spass daraus, die Leafs als „Losers since 67“ zu rufen.
In Kanada und speziell in Montreal war man in den letzten Jahren nur noch vereinzelt mit Playoff-Erfolgen verwöhnt. Vor allem die jungen Generationen sind deshalb hungrig nach den Playoff-Partys. Einige konnten die Erfolge in den 80er- und 90er-Jahren nicht miterleben beziehungsweise waren noch nicht einmal auf der Welt und in den 2010er-Jahren hatten sie die Playoff-Euphorie vielleicht als Kinder noch mitbekommen. Diese jungen Leute der Generationen Z und Alpha sind gierig nach Playoff-Party, lassen sich von der Stimmung mitreissen und die Dezibel im Stadion und auch auf der Strasse hochsteigen.
Foto: Joël Ch. Wuethrich
Auch die Spieler von der Stimmung beeindruckt
Auch die „Habs“-Spieler bemerken die besondere Stimmungslage. Einige von ihnen, wie beispielsweise Brendan Gallagher, haben die Playoff-Euphorie in Montreal in den Jahren 2010 bis 2017 miterlebt und waren für diese mitverantwortlich. „Es gibt keinen besseren Ort für Hockey als Montreal. Und erst recht nicht in den Playoffs“, sagte einst „Gally“. In den 2010er-Jahren waren seine Teamkollegen Nick Suzuki, Cole Caufield, Juraj Slafkowsky, Kaiden Guhle, Lane Hutson, Ivan Demidov & Co. noch kleine Kids mit grossen sportlichen Träumen. Nun sind sie selbst die Stars und mittendrin involviert. Cole Caufield: „Es ist unglaublich, wie die Fans uns pushen und uns Energie geben.“ Josh Anderson, Nick Suzuki und andere werden nicht müde zu betonen, dass sie sich geehrt sind vor diesen Fans zu performen. Alexandre Carrier, der als kleiner Junge schon „Habs“-Fan war, kann seine Emotionen ebenfalls nicht in Worte fassen, obwohl er die Playoffs aus seinen Nashville-Profijahren bereits emotional durchleben konnte (16 Playoff-Spiele für die „Preds“, ein Tor und sieben Assists): „Ich bin einfach nur dankbar, dass ich im Centre Bell vor diesen Fans mein erstes Playoff-Tor für Montreal erzielt habe. So grosse Emotionen habe ich in meinem sportlichen Leben noch nie gehabt.“
Aber auch die Gegner sind beeindruckt. Washington-Headcoach Spencer Carbery: “Wir haben zwar erfahrene Spieler im Kader, die wissen, wie es ist, in den Playoffs auswärts dagegen zu halten und zu bestehen. Es wäre aber naiv zu behaupten, dass diese besondere Playoff-Stimmung in Montreal uns nicht beeindrucken würde. So naiv sind wir nicht. Es hat absolut einen Impact auf die „Habs“ und auch auf uns. Damit muss man umgehen können.“
Grosse Leidenschaft, manchmal sogar überbordend
Dieser Impact von den Fans war schon immer legendär in Montreal. Die Leidenschaft für die „Sainte Flanelle“ ist manchmal auch überbordend. Früher herrschte zuweilen sogar der Ausnahmezustand in der Stadt, weil einige nach gewonnenen Playoff-Serien ihre heftigen positiven Emotionen nicht im Griff hatten und randalierten. Solche Eskalationen der Leidenschaft kommen heute jedoch kaum mehr vor.
Im Playoff-Modus schon seit Wochen
In Montreal herrscht aber ohnehin schon seit einigen Wochen Playoff-Stimmung. Die „Habs“ sind eines der erfolgreichsten Teams seit dem 4-Nations-Break im Februar 2025. Und schon seit Anfang März ist man im Playoff-Modus. Nick Suzuki sagte schon vor drei Wochen: „Für uns haben die Playoffs gewissermassen schon begonnen. Jedes Spiel ist entscheidend. Und wir wollen unser Ziel erreichen.“ Gesagt, getan. Das Team war „on a mission“ und hat den Prozess des Rebuildings beschleunigt. Kaum auszudenken, wenn die „Habs“ die Playoff-Erfolge von 2010, 2015, 2017 und 2021 wiederholen könnten. Denn die Fans sind durstig nach diesen euphorischen Gefühlen und lieben ihr Team. Dieses bietet seit dem Start des Rebuildings 2022 attraktives Hockey und geniesst bei allen viel Sympathie. Die jungen Fans sind sprichwörtlich und gewissermassen mit dem Team gewachsen.