Aus der Sicht der NHL und für die Medien wäre vermarktungstechnisch ein Final zwischen Toronto und Edmonton, den beiden Traditionsteams aus Kanada, natürlich spannend. Nicht so erfreulich bezüglich Vermarktung und TV-Quoten wäre wohl eine Stanley-Cup-Finalserie zwischen Carolina und Dallas. Diese Konstellation würde in den Medien und bei Marketingprofis wohl als Albtraum-Final gelten – so wie beispielsweise bei den Paarungen 2023 (Vegas gegen Florida) und mit Abstrichen 2020 (Tampa gegen Dallas während der Pandemie). Immerhin hatte 2023 die NHL Freude am Erfolg der Golden Knights, da Las Vegas als neuer Expansionsmarkt sich definitiv etablieren konnte.
Hoffentlich keine Albtraum-Finalpaarung
Die NHL dürfte jedoch insgeheim auf eine Finalpaarung hoffen, wie sie 2015 stattfand mit einer Traditionsmannschaft aus dem Kernland des Eishockeys und einem Team aus dem Süden der USA. Die Expansionsstrategie der NHL ist bezüglich Vermarktung in neue Märkte im Süden noch lange nicht abgeschlossen und die Erfolge der Vegas Golden Knights 2023 und Florida Panthers 2024 spielen in die strategischen Karten der Liga. Ausserdem: Die Stanley-Cup-Finalserie 2024 zwischen Edmonton und Florida war zwar nur ein echter Vermarktungserfolg in Kanada, aber trotz rückläufiger TV-Quoten in den USA kein Reinfall im entwicklungspolitischen Sinne. Der Eishockeymarkt in Florida hat sich nämlich erweitert und ist nicht mehr einzig im Raume Tampa Bay im Aufwind. Die Florida Panthers verzeichneten endlich auch wieder nach vielen Jahren tiefer Wertschöpfung eine neue Euphorie, die auch in dieser Saison anhielt. Das half natürlich auch den Marketing-Verantwortlichen. Jedoch ist diese Entwicklung im Vergleich mit den Wertschöpfungszahlen in Toronto und Edmonton sehr gering. Auch die Carolina Hurricanes sorgen nur regional für eine Hockey-Euphorie, aber kaum national in den USA, wo andere Märkte diese eher entfachen (New York, Boston, Philadelphia, Chicago, Minnesota, Pittsburgh und weitere).
Playoff-Drama-Queen reloaded
Dass der Traumfinal platzte, hat einmal mehr mit den Toronto Maple Leafs zu tun. Die „Leafs“ haben einmal mehr ihrem Ruf als Playoff-Drama-Queen der NHL alle Ehre gemacht: Und dies nicht nur, indem sie zum achten Mal in Folge ein Spiel 7 einer Playoff-Serie verloren und zum wiederholten Mal als vermeintlicher Geheim- oder Mitfavorit um den Stanley Cup die Conference Finals nicht erreicht. Seit ihrem letzten Spiel-7-Sieg im Jahr 2004 gegen die Ottawa Senators haben die Maple Leafs keine Entscheidungsspiele mehr gewonnen. Es geschah erneut einem dramatischen Drehbuch folgend und wieder nicht ohne Nebengeräusche auf und neben der Eisfläche. Somit bleibt der Nimbus „Losers since '67“ an ihnen haften wie zerkauter Kaugummi in einer Langhaarfrisur.
Jährlich grüsst das Leafs-Murmeltier
Es ist wie das Murmeltier, welches nicht täglich, aber jährlich grüsst: Alle Jahre wieder hofft die leidgeplagte und dennoch treue Leafs-Nation darauf, dass ihr Herzensclub sein Playoff-Gen wiedererlangt und sich von dem nunmehr 57 Jahre alten Fluch der Erfolglosigkeit löst. Seit 1967 konnte man als Original-Six-Team und Hockeyhochburg keinen Stanley-Cup-Titel mehr feiern. Die leidensfähigen und loyalen Fans werden in Kanada seit jeher entweder gehasst oder geliebt – aber mittlerweile sogar belächelt und als Masochisten bezeichnet.
Alles war angerichtet für die Stanley-Cup-Sause
Dabei war die Mannschaftszusammenstellung diesmal playoffreif: Auston Matthews, Mitch Marner, William Nylander & Co. zeigten in der Playoff-Serie endlich auch Charakterstärke und performten so, wie man es in den Playoffs erwarten darf. Die Kreativspieler brachten aber nicht nur eine spielerische und mentale Playoff-Fitness mit, sondern wurden gut unterstützt durch die Komplementär- und Rollenspieler. Die Kaderstruktur war gut ausbalanciert. Erfahrene Playoff-Akteure trugen als Playoff-Veteranen viel zur Teamchemie und Charakterbildung bei. Auch junge Spieler wie Matthew Knies oder Simon Benoit zeigten, was sie in den Playoffs zu leisten im Stande sind. Die Fans trugen Plakate mit der Aufschrift: „This is our year“!
Seit 2002 (!) erst einmal zwei Runden überstanden
Was aber jetzt dennoch bleibt ist der Nimbus der „Playoff Losers since 67“, die seit 2002 (!) erst ein einziges Mal das Conference-Final (Runde 3) erreichten und nur zweimal zwei Playoff-Runden überstanden. Früher war man erfolgreich mit Akteuren wie Curtis Joseph, Ed Belfour, Owen Nolan, Mats Sundin, Mikael Renberg, Bryan McCabe, Alexander Mogilny, Robert Reichel, Shane Corson, Darcy Tucker, Tie Domi (der Vater von Max Domi, aktuell im Kader der Leafs), Dimitry Yushkevich und Co.. Das waren Kaderzusammenstellungen wie für die Playoffs geschaffen: Jeweils mit einem Top-Keeper, mit Superstars und Topskorern, die auch die nötige Playoff-Härte und -Mentalität mitbrachten sowie mit Rollenspielern, die zu den effizientesten der Liga gehörten.