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Nach Steven Stamkos im Vorjahr ist erneut einer der absoluten Topstars der Tampa Bay Lightning auf der Langzeit-Verletztenliste gelandet: Nikita Kucherov. Aber die „Bolts“ kennen die Situation und es ist also gewissermassen ein „Déjà vu“. Natürlich ist es ein herber Verlust, aber das Team hat schon bewiesen, wie ausgeglichen und wie tief besetzt der Kader ist: Selbst einen solchen Ausfall kann man kompensieren.

Nikita Kucherov kann man nicht ersetzen, aber man kann dem Team Stabilität verleihen. Dies hat man bereits getan mit der ohnehin schon geplanten Vertragsverlängerung mit Center Anthony Cirelli und der Verpflichtung von Flügelstürmer Alexander Volkov. Auch darf man nun erwarten, dass bei Spielern wie Mathieu Joseph die Chancen auf einen Stammplatz steigen.

Durch Kucherovs Ausfall ergeben sich zudem weitere, interessante Ausgangslagen, wie die folgenden, leicht paradoxen Situationen: Nicht nur, dass man nun eine Kompensationsmöglichkeit mit einer Salary Cap-Überschreitung von zirka 9,5 Millionen hat. Es ergeben sich auch für einige Spieler wieder Chancen, in der Teamhierarchie zu steigen und zu alter Stärke zurück zu finden. Zum Beispiel bei Tyler Johnson. Er wurde auf die Waiver List gesetzt, um seinen hoch dotierten Vertrag von der Gehaltsobergrenze zu nehmen. Ausserdem ist der Kader so tief besetzt, dass Johnson mittelfristig keine der Hauptrollen mehr in den Plänen von Julien Brisebois spielt. Nun aber ist der polyvalente Stürmer auf einmal eine optimale Lösung als Zweit- oder Drittlinien-Center beziehungsweise -Flügel.

Paradox ist zudem, dass die „Bolts“ auch ohne einen Spielmacher-Typ wie Kucherov in der Offensive nach wie vor unberechenbar bleiben. Es sind nicht nur Spieler wie Mathieu Joseph, Alexander Volkov und Luke Witkowski, Alex Barré-Boulet, Taylor Raddysh, Gemel Smith und andere, die nachrücken könnten. Man erwartet speziell von Mathieu Joseph einen Entwicklungsschub, der nun beschleunigt werden könnte durch mehr Eiszeit. Und auch einer wie Mitchell Stephens, bereits 2019/20 mit 38 NHL-Einsätzen gesegnet, soll 2021 – so der Wunsch des „Bolts“-Trainerstaff - einen ersten grossen Karriere-NHL-Durchbruch erleben.

Fazit: Selbstverständlich ist Nikita Kucherov ein so genannter „Difference Maker“ – einer, der mit seiner Spielübersicht und seinen spielerischen, läuferischen und schusstechnischen Skills (speziell sein Direktschuss aus der Halbdistanz) Spiele entscheidet. Und vielleicht hat sein Ausfall sogar etwas mehr Auswirkungen als jener von Steven Stamkos vor einem Jahr. Stamkos ist ein ausgesprochener Powerstürmer mit noch ausgeprägteren Abschlussqualitäten, der gerne profitiert von seinen Spielmachern im Team wie etwa Nikita Kucherov oder Brayden Point. Dennoch gibt es keinen Grund an einer (souveränen) Playoffqualifikation zu zweifeln und in den Playoffs 2021 sollte, so sagen die Teamärzte, Nikita Kucherov wieder voll einsatzfähig sein und als zusätzlicher Mehrwert zur Mannschaft stossen. Was die „Bolts“ dann zu einem noch gefährlicheren Anwärter auf den Stanley Cup und somit auf die Titelverteidigung machen wird.

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch beim Slapshot sowie beim Top Hockey und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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