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Seattle Kraken GM Francis widerstand der Versuchung, im Expansion Draft die ganz grossen Stars zu draften.

Warum hat Seattle Kraken General Manager Ron Francis sehr prominente NHL-Stars, die ihm auf dem Silbertablett präsentiert wurden, nicht gedraftet? Ausser vielleicht mit Marc Giordano und Yanni Gourde oder Jordan Eberle ist es (noch) kein mit Stars gespicktes Team. Die Antwort auf die Frage ist einfach: Es sollte noch genügend Spielraum auf die Salary Cap gesichert werden, damit die ganz grossen Coups noch folgen können. Dies ist in den Folgetagen und speziell am Free Agency Opening Day dann schliesslich auch so umgesetzt worden.

In noch sehr frischer Erinnerung ist der Expansion Draft der Golden Knights 2017. Bereits früh wurde deutlich, wie geschickt der damalige GM George McPhee jene Spieler draftete, die ins Konzept der Organisation passten und dennoch einigen Spielraum für weitere Deals mit einigen Clubs und Vertragsverhandlungen mit sehr guten Free Agents und Unrestricted Free Agents übrig hatte. Kraken GM Francis scheint eine ähnliche Taktik zu verfolgen. Mit dem Unterschied, dass die wirklich grossen Deals wohl erst noch bevorstehen, während 2017 bereits beim Expansion Draft von Las Vegas bereits ein gutes halbes Dutzend gestandener NHL-Stars verpflichtet wurden.

Keine „Trojanischen Pferde“

Eigentlich hatte Seattle die Qual der Wahl, um sich mit einem Schlag eine Startruppe zusammenzubasteln. Aber die Kraken-Kaderplaner haben der Versuchung widerstanden. Okay, Yanni Gourde nicht zu draften wäre fahrlässig gewesen, denn es braucht in jeder Mannschaft solche dankbaren und taktisch versierten Center. Gourde kann auch als Flügel spielen. Er skort regelmässig und ist ein guter Teamplayer mit einer Top-Arbeitsethik. Alles im Preis-/Leistungs-/Vertragsdauer-Verhältnis ist stimmig. Und ja, es braucht auch erfahrene Leute wie Marc Giordano, die mannschaftsintern nicht nur spielerisch eine wichtige Rolle einnehmen, sondern das Gesicht der neuen Franchise repräsentieren.

Einige der Stars auf der Unprotected List“ aber, kamen für Seattle aufgrund von laufenden Verträgen (Laufzeit/Lohnstruktur) schon früh nicht in Frage. So war es nachvollziehbar, dass die „Versuchung Carey Price“ ein „Tojanisches Pferd“ hätte werden können. Gleiches galt für Ben Bishop oder Jonathan Quick. Wenngleich man anhand des Beispiels mit Marc-André Fleury und den Golden Knights ein Beispiel hatte, wie sehr ein Top-Goalie eine neue Franchise tragen kann.

Auch andere Aspekte spielten eine Rolle, warum beispielsweise Matt Duchene, Ryan Johansen oder Max Domi und P.K. Subban nicht gewählt wurden. Ihnen eilt der Ruf voraus, in ihrer Karriere nicht immer pflegeleicht gewesen zu sein – sei es in spieltaktischer als auch in charakterlicher Hinsicht. Ob dieser Ruf gerechtfertigt ist oder nicht, sei dahingestellt. Da scheiden sich die Geister. Für Francis war jedoch klar: Er wollte kein Risiko eingehen und ein in jeder Hinsicht harmonisches, solidarisch handelndes Team zusammenstellen. Deshalb wählte er von den Nashville Predators den vielseitigen Zweiwegstürmer Calle Jarnkrok anstelle von Ryan Johansen. Jarnkrok kostet „nur“ 2 Millionen in der Cap Hit.

Andere wie Vladimir Tarasenko, James van Riemsdyk, Vladislav Namestnikov, Jeff Skinner, Nino Niederreiter, Phillip Danault oder Kevin Shattenkirk wären Top-Drafts gewesen. Hier galt es aber mit einigen dieser Spieler, eher an den Verhandlungstisch zu treten (bei Free Agents oder UFA) oder mit den Clubs ein Tauschgeschäft auszuhandeln.

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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