NHL Observer

Bereits nach den ersten drei bis vier NHL-Spieltagen gibt es eine Menge spannender Randgeschichten zu erzählen.

Überraschende „Sleeper“

Wer hätte gedacht, dass die Buffalo Sabres und Detroit Red Wings einen so erfrischenden und sogar torreichen Saisonstart hinlegen würden? Die Sabres – natürlich aus bekannten Gründen immer noch ohne ihr Sorgenkind Jack Eichel – haben, angeführt von den überragenden Kyle Okposo und Victor Olofsson, ihre beiden ersten Saisonpartien gewonnen. Vor halbleeren Rängen und ohne viel Vorschusslorbeeren zwar, aber man hatte in beiden Spielen gespürt, dass sie nichts zu verlieren hatten und ohne Erfolgsdruck aufspielen. Etwas mehr erwartet man zwar von den in einem weiteren Aufbaujahr befindlichen Detroit Red Wings, aber dennoch überraschten sie mit einer torreichen Overtime-Niederlage gegen den amtierenden Stanley-Cup-Titelverteidiger und danach mit einem glatten Sieg über Vancouver. Auch der Saisonauftakt der in den Vorschauen nicht sehr hoch dotierten San José Sharks ist geglückt mit einem spektakulären Sieg über die bei fast allen Fachleuten sehr hoch eingestuften Winnipeg Jets. Auch die bei vielen nicht als Playoffkandidaten eingestuften Columbus Blue Jackets konnten bisher begeistern.

Die Fehlstarter

Man wusste in Montréal, dass der erste Saisonmonat aufgrund vieler Vorkommnisse im Vorfeld und einer langen Absenzenliste mit vielen Leistungsträgern sehr schwierig werden würde (vergleiche: Artikel „Murphy's Law in Montréal“ in diesem Blog). Aber drei Niederlagen zum Saisonstart waren nicht eingeplant. Was erstaunt, ist die extrem schwache Effizienz der Special Teams: Null Prozent (kein Tor bei elf Anläufen) in Überzahl muss man nicht kommentieren. Hier fehlt es besonders an der blauen Linie an Überzeugung und Durchschlagskraft. Chris Wideman, der nun Shea Weber als Scharfschütze „ersetzen“ muss, war zwar in der KHL einer der besten Blueliner im Powerplay, aber bisher fiel er in Überzahl eher mit zögerlicher Spielweise auf. Künftig soll der noch verletzte Mike Hofmann – ein ausgewiesener Topschütze in Überzahl – dieses Problem beheben. Auch schlecht: Das Unterzahlspiel mit knapp über 60 Prozent. In den Playoffs 2021 war das PK eine grosse Stärke und man erreichte knapp 92 Prozent-Erfolgsquote. Weitere Fehlstarter in die neue Saison: Die New York Islanders als einer der „Geheimfavoriten“ auf den Stanley-Cup-Final 2022, die Nashville Predators und Winnipeg Jets sowie auch die für viele als aufstrebendes Team betrachteten Chicago Blackhawks mit einigen neuen Topstars im Kader (drei Spiele, ein Punkt, viele Gegentore...).

Sie kamen, sahen und skorten...

Immer wieder spannend: Wie starten die Rookies in die Saison. Diesmal waren es nicht die designierten Calder-Trophy-Favoriten wie beispielsweise Cole Caufield (Montreal), die auffielen, sondern andere: Mason McTavish zum Beispiel, der Sohn von Ex-Profi Dale McTavish, der sich vor allem in hier der Schweiz einen grossen Namen bei den Rapperswil-Jona Lakers und beim EV Zug machte. Mason hat beim EV Zug auch einen grossen Teil seiner die Eishockeyausbildung genossen, spielte bereits im ersten Team des EHC Olten und ist Kanadier mit Schweizer Lizenz. In seinem ersten NHL-Spiel hat der junge Center gleich gegen Minnesota getroffen. Dieses Kunststück gelang auch Hendrix Lapierre für Washington und Jasper Weatherby, der sogar noch einen Assistpunkt für die San José Sharks in seiner NHL-Feuertaufe dazu packte und so zum Sieg beisteuerte. Ebenfalls stark nach drei Saisonpartien: Drew O'Connor (Pittsburgh) mit drei Punkten und einer +3-Bilanz, Colorados Verteidigertalent Bowen Byram mit seinem ersten NHL-Treffer, Michael Bunting (Toronto) mit einem Treffer und einem Assist und Moritz Seider (Detroit) mit drei Assistpunkten.

„Scoring Machines“

Selten zuvor haben zum Saisonstart so viele Spieler so oft getroffen: Mindestens drei Tore in den ersten drei Spielen erzielten McDavid, Stamkos, Ovechkin, Svechnikov, Kreider, Bennett, Tanev, Heinen, Kopitar und Bertuzzi. Letztere zwei haben sich sogar in ihrem Startspiel fünf Punkte (Anze Kopitar) beziehungsweise vier Tore (Tyler Bertuzzi) gutschreiben lassen können.

Welcome back!

Am Rand noch diese Geschichte: Jonathan Drouin erlebte trotz dreier Startniederlagen mit den Montreal Canadiens eine wunderschöne Rückkehr in den Trainings- und Spielbetrieb. Bei der Teamvorstellung erhielt er zusammen mit Carey Price im endlich wieder nach über einem Jahr Pandemie-Massnahmen mit 21'000 Fans vollbesetzten Centre Bell den grössten Applaus. Und war bisher auch mit zwei Toren der erfolgreichste „Habs“-Akteur.

** Der Autor ist Inhaber einer Marketingagentur, Marketingdozent und erfahrener Sportvermarkter.

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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Was passiert hinter den Kulissen der NHL und was steckt hinter den Geschichten, die uns bewegen? NHL Insider Joël Ch. Wuethrich öffnet für SHN sein NHL Netzwerk.