NHL Observer

Haben die Arizona Coyotes aus der Not eine Tugend gemacht? Vor Jahren haben es die Carolina Hurricanes geschafft, mit einer neuen sympathischen und mutigen Imagekampagne und einem sportlich ambitionierten Rebuilding des Teams neue Fans zu gewinnen. Eines der NHL-Sorgenkinder wurde zum Erfolgsmodell. Jetzt könnte dies – recht unverhofft - auch den Arizona Coyotes gelingen.

Die Arizona Coyotes sind das NHL-Sorgenkind – in jeder Beziehung. Auch die Stadion- und Standort-Diskussionen sorgten immer wieder für Unmut und Sorgen. Aktuell spielt man im Übergangsstadion Mullett Arena und dies entstand aus einer Not heraus. Einmal mehr werden die Yotes belächelt, denn die Arena auf dem Campus der Arizona State University in der Stadt Tempe bietet nur rund 6’000 Plätze inklusive 20 Logen, zwei Gruppensuiten und einer Club-Lounge. Ein Heimstadion mit Holzbänken, einer alten Matchuhr sowie aufklappbaren Stühlen und Tischen und Garderoben mit Regionalliga-Flair: Die Infrastruktur würde nicht einmal einem AHL-Team gerecht werden. Auch wenn die Coyotes etwa 30 Millionen US-Dollar investierten, um die Anlage NHL-tauglich zu machen.

Der „Mullett-Kult“ ist ein Glücksfall

Aber dieser Umzug entpuppte sich als Glücksfall: Das Stadion ist vollbesetzt und die Stimmung gut. Die Fans sind engagiert und einfallsreich, gehen mit und verkleiden sich mit komischen Vokuhila-Perücken. Denn „mullet“ ist die englische Bezeichnung für die heute verpönte, aber wieder in Mode kommende Trendfrisur aus den 80er-Jahren. Was für ein Kontrast zu den Eishockeyabenden in der halbleeren und stimmungsarmen Glendale Arena zuvor.

Auf einmal sind die Yotes also kultig. In Tempe ist eine kleine neue Fangemeinschaft entstanden. Man fängt an, auch das Team zu mögen und das Kachina-Logo und die alten Klubfarben – beides nach einem rund 17-jährigen Unterbruch wieder eingeführt - tragen ihren Teil zum Kult und zum neuen Alleinstellungsmerkmal bei. Der „howling coyote“ war 2003 zwar ein zeitgemässes Logo, aber es hatte keinen Kultfaktor. Die Resultate im Merchandising waren mies. Dieser Aspekt hat sich mit dem Comeback des ehemaligen Hauptlogos stark gebessert.

So schnell kann es also gehen und man wird vom belächelten Sorgenkind zum Kultclub. Zumindest bei einer kleinen NHL-Fangemeinschaft. Bis aber auch beim lokalen Sportpublikum die Yotes eine gleiche Entwicklung durchmachen wie vor einigen Jahren die Canes in Carolina, wird noch viel Arbeit nötig sein. Ökonomisch und vom Publikumsinteresse her wird es auch in Zukunft eine Hercules-Aufgabe, Eishockey in Arizona dauerhaft populär zu machen.

Zumal es sportlich immer schwieriger wird für die Franchise: Die Arizona (vormals Phoenix) Coyotes – 1996 entstanden als Relocation-Team der Winnipeg Jets - haben sich als NHL-Organisation sowohl sportlich wie auch strukturell als Problemkind ohne grössere Perspektiven etabliert. Von allen Teams sind sie jenes mit dem geringsten Wert auf der Forbes-Liste (rund 400 Mio.). Beim Sportpublikum im Bundesstaat Arizona fristen die Yotes trotz des aktuellen Mullett Arena Hypes noch immer ein Schattendasein. Einzig die Wayne-Gretzky-Ära und die Verpflichtung von Brett Hull verlieh dem Club in den 2005er-Jahren Aufmerksamkeit und etwas Glanz. Die Coyotes konnten sich in ihrer 27-jährigen Clubhistorie neun Mal für die Playoffs qualifizieren. Davon vier Mal in den letzten 12 Jahren. Dabei zogen sie nach sieben Erstrunden-Niederlagen erstmals 2012 in die zweite Playoff-Runde ein.

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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