Manche Teams hatten in der näheren Vergangenheit eine langfristige Draft-Strategie umgesetzt und ernten nunmehr die Früchte. Das vielleicht beste Beispiel: Die New Jersey Devils. Diese haben von 2017 bis 2022 einen grossartigen Erfolgsnachweis vorzuweisen. Es begann mit Nico Hischier und erwies sich als richtige Entscheidung, obwohl man auch Cale Makar hätte wählen können. Das Team sollte auf der Center-Position neu aufgebaut werden. Zwei Jahre später hatten die Devils das Glück, wieder die Draft-Lotterie zu gewinnen und so Jack Hughes zu wählen. 2020 mit Dawson Mercer (Erst-Runden-Draftpick, Nummer 18 overall) gelang wieder ein Volltreffer, der nur möglich wurde, weil man zuvor Taylor Hall getradet hatte, seines Zeichens immerhin der MVP der Saison 2018.
Draft-Erfolge der letzten Jahre optimal umgesetzt
Einige andere Draftpicks erwiesen sich mit etwas Verzögerung als Gewinn, wie beispielsweise jener von Late Bloomer Jesper Bratt (2016), der erst in der sechsten Runde gezogen wurde. 2021 waren Luke Hughes und 2022 Simon Nemec eher Picks, die auf Langfristigkeit zielten. So auch die Wahl von Lenni Hameenaho als ersten Draftpick 2023 in Runde 2. Weil man für Timo Meier den San José Sharks unter anderem auch einen Erst-Runden-Draftpick 2023 als Gegenleistung gab. Aber auch früher gedraftete Spieler konnten in der Folge gut eingesetzt werden, um die nächste Stufe in der Kaderentwicklung zu zünden. So zum Beispiel Yegor Sharangovich, der im Trade mit den Calgary Flames für Tyler Toffoli eine Schlüsselrolle spielte. Nicht zu vergessen auch die beiden Schweizer Keeper Gilles Senn (gedraftet 2017) und vor allem Akira Schmid (gedraftet 2018). Jetzt also können fast alle Draftpicks der letzten sechs Jahre in irgendeiner Form nützlich eingesetzt werden für Tauschgeschäfte und weitere Deals (Jesper Boqvist, Fabian Zetterlund und weitere). Fazit: Die Devils waren demnach 2023 nicht unter Zugzwang und eines der Teams, welches nicht im Draft, sondern eher auf dem Free-Agent-Markt aggressiv arbeitete.
Weitere Clubs, die sich heuer – fast so wie das der amtierende Stanley-Cup-Sieger die letzten Jahre praktizierte – eher auf die nächsten zwei Saisons konzentrierten, wären beispielsweise die Florida Panthers oder Washington Capitals. Dies jedoch nicht, weil sie sich auf die Draft-Lorbeeren der näheren Vergangenheit zurückgreifen konnten.
Unterschiedliche, mittelfristig wirksame Strategien
Die Detroit Red Wings ihrerseits haben eine interessante Herangehensweise gewählt. Einmal mehr hat General Manager Steve Yzerman mit taktischen Finessen in der langfristigen Kaderplanung überrascht. Wie einst bei den Tampa Bay Lightning arbeitet er beim Draft langfristig und auf dem Free-Agent-Markt eher mit punktuellen Kaderanpassungen. Man verlor Schlüsselspieler, aber hat auch neue verpflichtet, wie zuletzt Alex DeBrincat und Klim Kostin. Es geht hierbei vor allem um die stufenweise zu erfolgende Bildung eines neuen Mannschaftskerns. Dabei wurden auch schmerzhafte Entscheidungen getroffen, indem man ehemals grosse Hoffnungsträger wie Filip Zadina auf die Waiver-Liste setzte. Beim Draft 2023 sagte Yzerman denn auch deutlich: „Wir haben bei unserer Draftwahl keine besonderen Positionen im Auge.“
Bei den Strategien, die mittelfristig greifen sollen, sind die Montréal Canadiens und Chicago Blackhawks speziell nennenswert. Die Parallelen bei beiden Teams sind eindeutig zu lokalisieren: Die Verjüngung des Kaders hat Priorität, so wie auch die Positionen, die in den kommenden Jahren neu zu besetzen sind. In Montréal ist man indessen in der Bildung des neuen Mannschaftskerns jedoch um einiges weiter als bei den Blackhawks. Chicago ist in einem frühen Prozess eines kompletten Rebuildings, während bei den „Habs“ dieser bereits seit zwei Jahren läuft. Mit strategisch wichtigen Vertragsverlängerungen (unter anderem mit Cole Caufield) ist das Bekenntnis verdeutlicht worden und die Erst-Runden-Draftpicks der letzten Jahre zeigten diese Tendenz: Cole Caufield (2019) und Kaiden Guhle (2020) haben bereits eine Schlüsselrolle im Team. Auf den „Guhle-Effekt“ hofft man nun auch beim für viele gewagten Erst-Rundenpick 2023, David Reinbacher. Und Juraj Slafkowsky (2022) soll bald nach seiner verletzungsbedingten und langen Pause 2022/23 nun auch ab 2023/24 eine solche anstreben. Und sogar der aufgrund einer Sexting-Affaire viel kritisierte Nummer-Eins-Draftpick 2021, Logan Mailloux, könnte bald für die NHL die Spielberechtigung erhalten. Besagter Mailloux ist hochgradig talentiert und machte in den Trainingscamps letzte Woche einen Top-Eindruck.