NHL Observer

Die Chicago Blackhawks befinden sich in einem sanften Rebuilding und für diese Saison der Transition wurden die sportlichen Ziele eigentlich recht bescheiden ausgelegt. Aber: Das Team kann - trotz namhaften Akteuren auf der Verletztenliste - begeistern und übertrifft bisher die eher überschaubaren Erwartungen. Mitverantwortlich dafür sind zwei Schweizer NHL-Frischlinge: Pius Suter und Philipp Kurashev. Und sie sorgen gewissermassen dafür, dass das «Schweizer Image» in der NHL etwas aufpoliert wird.

Gross war die Enttäuschung beim NHL-Draft 2020, als die Schweizer leer ausgingen. Und dies, nachdem noch immer der legendäre Draft 2017 mit Nico Hischier als Nummer Eins-Draftpick (overall) nachwirkt. Und dann folgte auch noch der bescheidene WM-Auftritt der U20-Nationalmannschaft. Viele Experten in Nordamerika begannen zu glauben, dass der „Schweizer Hype“ am Abklingen sei. Trotz der Tatsache, dass in der Summe noch nie so viele Schweizer in der NHL unter Vertrag standen wie aktuell. Nicht alle jedoch gehören in ihren Teams zu den Stammkräften wie beispielsweise Roman Josi, Nino Niederreiter und Fiala - und einige kämpften zuletzt noch mit ihrem Verletzungspech (Nico Hischier). So ist es natürlich ganz gut für das „Schweizer Image“, dass ausgerechnet zwei Rookies so richtig gut in Fahrt sind: Philipp Kurashev und Pius Suter.

Frech, vielseitig und flink

Die Blackhawks haben seit zwei Jahren ein glückliches Händchen, wenn sie sich mit Spielern aus der Schweiz oder aus der Schweizer National League – der höchsten Schweizer Liga – bedienen. Letzte Saison war Dominik Kubalik als amtierender MVP in der Schweiz (spielte bei Ambri-Piotta) nach Chicago gekommen und wurde gleich als Rookie zu einem Leistungsträger. Sein Nachfolger als Schweizer Liga-MVP, Pius Suter, ist nun auch ein Hawk und die Geschichte wiederholt sich: Pius Suter ist bereits - in Abwesenheit des verletzten Jonathan Toews - zum Center Nummer Eins avanciert und spielt mit den überragenden Patrick Kane und Alex DeBrincat im selben Trio. Auch der andere Schweizer im Team - Philipp Kurashev - liefert eine bisher überragende Rookie-Saison, in welcher er als aufsässiger Teamplayer und umsichtiger Vorlagengeber glänzt. Suter und Kurashev haben sich das Vertrauen des Coaches erspielt und kommen auch in der zweiten Überzahlformation regelmässig zum Einsatz.

Marc Crawford als Netzwerker

Ein Grund für das Flair für die Spieler aus der Schweizer National League ist auch beim aktuellen Assistenztrainer der Hawks Marc Crawford zu suchen: Denn die Wege von Marc Crawford und Pius Suter kreuzen sich oft. In der Saison 2015/16 war der Kanadier der Chefcoach des damals 19-Jährigen bei den ZSC Lions. Marc Crawford hat noch immer ein gutes, funktionierendes Netzwerk in die Schweiz. Nach seinem Wechsel in die NHL zu den Ottawa Senators lud Crawford Suter ins Trainingscamp ein. Und bei den Chicago Blackhawks machte er sich für eine Verpflichtung des Schweizer Centers stark. Er liebe seine Vielseitigkeit und er sei ein intelligenter Spieler, der oft die richtigen Entscheidungen treffe, sagte er den Medien. Suter ist nicht nur ein taktisch gut agierender, intelligenter Center, sondern auch ein frech aufspielender Instinktspieler, wie er schon mal in der Overtime gegen Dallas mit einem Traumtor im Stile eines Connor McDavid bewies. Kein Wunder wurde Pius Suter 2019/20 in der Schweiz nicht nur bester Skorer und Torschützenkönig, sowie auch Liga-Bester in der Plus-/Minus-Bilanz und somit folgerichtig als bester Stürmer und MVP gewählt. Und kurz vor Suters Tor hatte Philipp Kurashev noch die Verlängerung mit seinem Ausgleichstreffer erzwingen können.

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch beim Slapshot sowie beim Top Hockey und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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