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Timo Meier und Kevin Fiala sind zuverlässige NHL-Skorer, die mit einer gewissen Regelmässigkeit an den Toren ihrer Mannschaft beteiligt sind. Auffällig ist aber auch, wie beide jeweils während einer Saison besonders produktive Wochen mit einer überdurchschnittlich hohen (Skorer-)Punkteausbeute erleben. Sie gehören zu den Sequenzspielern.

So manche NHL-Stars waren bis vor einigen Wochen mit ihrer Punkteausbeute 2021/22 gar nicht zufrieden. Und dann erlebten sie das Phänomen der sequenziellen Produktivität: Auf einmal gehören Spieler wie Dylan Strome, Cole Caufield, Nick Suzuki, Jesper Bratt oder Nick Schmaltz und einige mehr zu den aktuell torgefährlichsten NHL-Profis.

Wer sich mit dem Eishockeysport befasst, weiss es: Es gibt jene Skorertypen, die über eine gesamte Saison regelmässig wie ein Uhrwerk punkten und in ihrer Produktivität weder nachlassen, noch auffällige Peaks vorweisen. Typische Beispiele: Connor McDavid, Leon Draisaitl, Jonathan Huberdeau, Artemi Panarin, Alex Ovechkin, Sidney Crosby, Sebastian Aho, Roman Josi und wie sie alle heissen. Aber dann gibt es andere, die sequenziell für einen Zeitraum auffällig oft skoren. In dieser Saison fällt auf, dass besonders viele dieser sequenziellen Topskorer jeweils in bestimmten Phasen als Assistgeber oder Torschützen performen. Im Januar 2022 beispielsweise hat Timo Meier von den San José Sharks in einer Partie fünf Tore erzielt und im gesamten Monat gesamthaft 16 Skorerpunkte erzielt. Bryan Rust von den Pittsburgh Penguins hatte sogar alleine im Januar 21 seiner bisher total 52 Skorerpunkte verbucht. Im Februar 2022 waren beispielsweise Elias Lindholm, Michael Bunting oder Patrick Laine sehr auffällig geworden mit ihrer im Vergleich zur Restsaison besonders starken sequenziellen Produktivität.

Sequenzielle Produktivität beziehungsweise produktive Sequenzen

Wir haben uns den Spass erlaubt und den aktuellen Monat März 2022 ausgewertet. Dabei haben wir folgendes erfahren: Kyle Connor von den Winnipeg Jets ist ein zuverlässiger Skorer, aber im März hat er in 14 Partien satte 26 Punkte erzielt. Zuvor waren es in über 30 Partien 32 Skorerpunkte. Sein Punkteschnitt pro Partie stieg somit von knapp 1,0 auf fast 2,0 (wenn man nur den Monat März analysiert). Auch Arizonas Nick Schmaltz' sequenzielle Produktivität lässt sich sehen: in 12 Partien kamen 19 Skorerpunkte zusammen – also fast so viel wie in der ganzen Saison vor dem aktuellen Monat (25). Chicagos Dylan Strome erzielte in den ersten 40 Saisonspielen 21 Skorerpunkte. Im März 2022 waren es in 10 Partien deren 18. Jesper Bratt (New Jersey Devils) und David Perron (St. Louis Blues) sind auch gute Beispiele mit ihren 16 beziehungsweise 18 Skorerpunkten im März. Zuvor hatten sie 29 (Bratt) und 25 (Perron) Skorerpunkte in knapp viereinhalb Monaten erspielt.

Bei allen Aufzählungen wurden in den meisten Fällen nicht einmal nachhaltige Änderungen in der Zusammenstellung der Sturmtrios vorgenommen. Ganz interessant ist die Beobachtung, wie ein Trainerwechsel Einfluss haben kann auf eine sequenzielle Produktivität. In Montréal beispielsweise wurde in der zweiten Februarwoche 2022 der Stanley-Cup-Final-Coach von 2021, Dominique Ducharme, wegen mangelndem sportlichem Erfolg entlassen. Es wurde klar, dass er während der schwierigen ersten Saisonphasen 2021 mit vielen unvorhergesehenen Hürden und Herausforderungen keinen grossen Einfluss mehr auf das Team ausüben konnte. Interimsmässig wurde die Eishockey-Legende Martin St. Louis verpflichtet. Nach einer resultatmässig eher durchschnittlichen Anfangsphase folgte eine Sequenz mit mehreren Siegen. Aber vor allem blühten zwei Spieler wieder auf, die man schon vor der Saison als Topskorer erwartete: Nick Suzuki und Cole Caufield. Der Habs-Spielmacher Suzuki erzielte 16 seiner bisher 49 Skorerpunkte im Monat März 2022. Aber besonders Caufield – im Sommer 2021 galt er noch als Kandidat Nummer Eins für die Calder Trophy 2022 – mutierte vom zweifelnden und glücklosen Schützen innerhalb weniger Wochen zu einer Tormaschine: In 13 Partien im März 2022 schauten 14 seiner bisher 32 Skorerpunkte heraus. In den Monaten Oktober bis Januar vor der neuen Ära Martin St. Louis waren es kaum deren 10. Aber was besonders auffiel: Seine Körpersprache war wieder ähnlich wie während der erfolgreichen Playoffs 2021. Marty St.Louis hatte bei ihm die richtigen Knöpfe gedrückt und das Knipser-Gen reaktiviert mit der Botschaft: „Nicht zu viel überlegen als Instinktspieler. Also mache das, was Du am besten kannst: Den Abschluss suchen.“ Vielleicht ist genau dies das Geheimnis hinter jeder produktiven Sequenz.

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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Was passiert hinter den Kulissen der NHL und was steckt hinter den Geschichten, die uns bewegen? NHL Insider Joël Ch. Wuethrich öffnet für SHN sein NHL Netzwerk.