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In ihren Teams sind sie die wahren „Unsung heroes“ - also die heimlichen Helden. Denn diese Spieler machen die Drecksarbeit, blockieren Schüsse, stören den Spielaufbau des Gegners und sie sind jene, die sich im Boxplay opfern und die letzten physischen Ressourcen aus sich herausholen. Oft werden diese heimlichen Helden in den Playoffs gefeiert – aber was sie während des Saisonverlaufes leisten, ist sogar noch beeindruckender.

Unterzahlspieler haben im Eishockey eine wichtige Rolle: Nicht nur jene, dass sie Tore verhindern sollen. Sie sorgen auch für einen mentalen Boost und ein positives Momentum im Falle eines erfolgreichen Boxplay-Einsatzes ohne Gegentor. In der Statistik der am meisten eingesetzten Spieler dominieren bei der Kategorie der „TOI“ (Total Icetime) in Unterzahl die Verteidiger. So generieren beispielsweise das Dallas Stars-Verteidigerduo Jani Hakanpää und Esa Lindell oder auch jenes aus Seattle (Jamie Oleksiak/Adam Larsson) sowie weitere Verteidiger wie John Marino oder Cam Fowler im Total die meisten Boxplay-Minuten.

Ein Viertel der Eiszeit in Unterzahl: eine körperliche Herausforderung

Im Verhältnis jedoch zu den wirklich gespielten Minuten pro Match haben Defensivstürmer wie Jake Evans (Montreal Canadiens), Charlie Coyle (Boston Bruins), Colton Sissons (Nashville), Sam Carrick (Anaheim) oder Alex Kerfoot (Arizona) bezüglich der gespielten Boxplay-Minuten statistisch gesehen die Nase vorn. Sie sind es auch, die jeweils betreffend der Einsatz-Intensität in Unterzahl den vielleicht grössten Einsatz leisten. Nehmen wir uns ein Beispiel an Jake Evans: Seine Mitspieler finden durchwegs nicht nur lobende Worte, sondern empfinden auch höchsten Respekt vor seinen Leistungen. Jake Evans spielt nahezu fast jedes Defensiv-Bully in Unterzahl. Er ist der Forechecker an der blauen Linie und auch meist derjenige, der die Unterzahl-Konter auslöst oder erzwingt beziehungsweise den Puck in der gegnerischen Zone festsetzt und somit wertvolle Sekunden verstreichen lässt. Jake Evans ist zudem auch der Stürmer, der im Verhältnis zu seiner Eiszeit im Vollbestand (etwas mehr als 14:30 Minuten pro Match) die meisten Minuten in Unterzahl pro Partie bestreitet (über 3 Minuten). Ungefähr jeder fünfte Shift ist in Unterzahl. In einigen Partien war Jake Evans auch schon sechs Minuten in Unterzahl auf dem Eis. Und: er steht in Unterzahl bei einer +6 Bilanz, was seine Effizienz gleich noch mehr unterstreicht. Nur wenige sind bezüglich Unterzahl-Tore noch auffälliger. Ganz vorne in dieser Statistik: William Karlsson (Vegas Golden Knights) steht diese Saison bei +12.

Ebenso beeindruckend sind die Boxplay-Leistungen weiterer Stürmer: Adam Henrique (Anaheim), Andrew Copp (Detroit), Jake DeBrusk (Boston), Mattias Janmark (Edmonton), Logan O'Connor (Colorado), Erik Haula, Dawson Mercer (beide New Jersey), Pius Suter (Vancouver), David Kämpf (Toronto), Adam Lowry (Winnipeg), Adrian Kempe (L.A.) und Luke Kunin (San José) kann man, wie einige andere auch, ebenso wie die zuvor Genannten lobend erwähnen.

Mut, Stolz und Einsatz sind gefragt

Boxplay-Spieler sind zudem besondere Individuen. Sie empfinden ein hohes Mass an Stolz für die ihnen zugesprochenen Rollen. Was alle Unterzahl-Spezialisten unisono sagen: „Es ist ein Job, der Opferbereitschaft, Mut und eine Menge Entschlossenheit erfordert. Und: wenn man das Bully verliert, ist man möglicherweise zwei Minuten lang in der eigenen Zone beschäftigt.“ Und Esa Lindell sagt, wenn man sich auch einem 100-Meilen-Slapshot entgegenstellt, dürfe man eben keine Angst vor Schmerzen haben.

Auch Topstars sind sich nicht zu schade

Aber nicht nur Mut, Stolz und Einsatz sind gefragt, sondern auch eine umsichtige Spielweise. Das Powerplay-Spiel der Gegner unter hohem Druck dennoch zu lesen und die Situationen zu antizipieren sowie allenfalls einen starken Konter zu fahren, ist auch ein Talent. So spielen – trotz Verletzungsgefahr und möglicher Überbeanspruchung bezüglich Eiszeit - auch Topstars und/oder sehr schnelle, flinke Spieler regelmässig in Unterzahl wie zum Beispiel Nico Hischier (Devils), Brad Marchand (Bruins), Leon Draisaitl (Oilers), Aleksander Barkov (Panthers), Anze Kopitar (Kings), Nick Suzuki (Canadiens), Mika Zibanejad, Chris Kreider (beide Rangers), J.T. Miller (Canucks), Joel Erikson-Ek (Wild) oder Mitch Marner (Leafs).

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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