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Nach dem Feuerwerk an der Trade Deadline, welches die Teams aus der Western Conference Anfang März 2024 gezündet haben, fragen sich jetzt viele: Kommt der nächste Stanley-Cup-Sieger aus dem Westen?

Das war vielleicht ein grosses Trade-Deadline-Kino! Bereits Wochen vor dem Stichtag am 8. März 2024 haben vor allem Teams aus der Western Conference die erste Lunte gezündet: Die Winnipeg Jets hatten sich den Center und spielintelligenten Sean Monahan aus Montréal geholt (im Gegenzug für den Erstrunden-Draftpick 2024) und danach in der Trade Deadline-Phase auch noch Torgarant Tyler Toffoli. So ist das Team mit Nino Niederreiter endgültig zu einem Geheimfavoriten auf den Titel avanciert. Fast gleichzeitig zogen die Vancouver Canucks nach mit der Verpflichtung von Elias Lindholm von den Calgary Flames im Tausch mit Andrei Kuzmenko, weiteren zwei Spielern und einem Erstrunden- sowie einem Viertrunden-Draftpick (beide für 2024).

Wild Wild West

Das war ja bekanntlich nur der Anfang. Auch die Vegas Golden Knights haben in den letzten Wochen, beziehungsweise während der Trade Deadline, ihre Ambitionen noch einmal klar gemacht. Dies gilt zudem für die Colorado Avalanche, Edmonton Oilers und Dallas Stars, die ihren Kader noch einmal an den neuralgischen Positionen verstärken konnten. Einzig die L.A. Kings waren auffällig ruhig und vertrauen auf die aktuelle Zusammensetzung der Mannschaft. Die Fachleute waren sich nach dem 8. März 2024 folgerichtig einig: Die Stanley-Cup-Favoriten aus der Western Conference haben die Massstäbe noch einmal neu gesetzt.

Grösserer Fokus auf Charakterspieler in der Eastern Conference

Was ist aber mit den Teams aus der Eastern Conference? Haben sie sie sich tatsächlich die besten Deals durch die Lappen gehen lassen? Mitnichten, denn ein zweiter Blick verrät, dass bei den Teams im Osten nicht primär neue Superstars und sogenannte Unterschiedsspieler geholt wurden, sondern ganz geschickt Rollenspieler und ausgewiesene, erfahrene Playoff-Spezialisten, die bereits jetzt einen Impact haben, also Wirkung in der Teamchemie erzeugen. Einige Einzelbeispiele wie Vladimir Tarasenko (neu bei den Florida Panthers), Matt Dumba (neu in Tampa), Jake Guentzel und Evgeny Kuznetsov (beide neu bei den „Canes“) ausgenommen. In der Eastern Conference sind bedeutend mehr Teams bereits jetzt im Playoff-Modus, da mehrere im Kampf um die Playoff-Teilnahme involviert sind. Und da helfen die Rollenspieler gewaltig. So wird mitunter der Wechsel von Centerspieler Alexander Wennberg von Seattle nach New York zu den Rangers genauso unterschätzt wie jener von Playoff-Ikone Pat Maroon („Maroon 3“) zu den Boston Bruins. Maroon ist gewissermassen DER Playoff-Rollenspieler der Neuzeit und einer von drei Spieler, der dreimal in Folge (2019-2021) den Stanley Cup gewann mit unterschiedlichen Teams. In der Expansion-Ära seit 1967 haben dies einzig Claude Lemieux und Cory Stillman geschafft. Die Florida Panthers haben nebst Tarasenko auch einen Charakterspieler verpflichtet: Kyle Okposo. Und bei den Maple Leafs kam mit Ilya Lybushkin ein interessanter Verteidiger hinzu sowie mit Joël Edmundson ein Charakterspieler, der in den Playoffs bereits seinen Wert bewiesen hatte (unter anderem bei den Montréal Canadiens). Die Leafs wissen genau, warum sie in den Playoffs bisher meistens enttäuschten: Die Superstars in der Mannschaft müssen endlich über mehrere Runden Stanley-Cup-würdige Playoff-Leistungen abrufen, aber in der Defensive brauchte es noch eine Extra-Portion Charakter.

Die Eastern Conference kann mithalten

Man könnte noch einige weitere Beispiele aufzeigen, warum der Stanley-Cup-Finalvertreter aus dem Osten gegen den Konkurrenten aus dem Westen keineswegs chancenlos ist – beziehungsweise die Playoffs in der Eastern Conference genauso packend sein werden wie jene im Westen. Denn in den Playoffs gilt die Devise: Entscheidend sind der Charakter der Mannschaft und jener der Leistungsträger sowie die sogenannten „Intangibles“ - in der Sportsprache sind dies die „nicht messbaren, aber spielbeeinflussenden Werte“. Und diese machen manchmal den kleinen, aber feinen Unterschied.

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

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